Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794.Künste und Wissenschaften, die den ange- Es freuet mich, daß Sie den Dichter, Kuͤnſte und Wiſſenſchaften, die den ange- Es freuet mich, daß Sie den Dichter, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0063" n="54"/> Kuͤnſte und Wiſſenſchaften, die den ange-<lb/> bohrnen Stolz, die freche Anmaaßung, das<lb/> blinde Vorurtheil, die Unvernunft und Un-<lb/> ſittlichkeit ſtaͤrken, verſchleiern, ſchmuͤcken,<lb/> beſchoͤnen, ſollte man <hi rendition="#g">brutaliſirende</hi><lb/> Kuͤnſte und Wiſſenſchaften nennen, werth<lb/> von Sklaven getrieben zu werden, damit<lb/> auf ihnen die menſchliche Thierheit ruhe.</p><lb/> <p>Es freuet mich, daß Sie den Dichter,<lb/> der den unmenſchlichen Achill beſang, aus<lb/> der Reihe <hi rendition="#g">humaniſirender Weiſen</hi><lb/> nicht ausſchließen wollen; das Theater der<lb/> Alten und ihre Geſetzgebung wird davon<lb/> gewiß auch nicht ausgeſchloſſen ſeyn. Das<lb/> Gemuͤth laͤutert, hebet und ſtaͤrkt ſich durch<lb/> die Betrachtung: „wir ſind Menſchen.<lb/> Nichts mehr, aber auch nichts minderes,<lb/> als dieſer Name ſaget.“</p> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [54/0063]
Kuͤnſte und Wiſſenſchaften, die den ange-
bohrnen Stolz, die freche Anmaaßung, das
blinde Vorurtheil, die Unvernunft und Un-
ſittlichkeit ſtaͤrken, verſchleiern, ſchmuͤcken,
beſchoͤnen, ſollte man brutaliſirende
Kuͤnſte und Wiſſenſchaften nennen, werth
von Sklaven getrieben zu werden, damit
auf ihnen die menſchliche Thierheit ruhe.
Es freuet mich, daß Sie den Dichter,
der den unmenſchlichen Achill beſang, aus
der Reihe humaniſirender Weiſen
nicht ausſchließen wollen; das Theater der
Alten und ihre Geſetzgebung wird davon
gewiß auch nicht ausgeſchloſſen ſeyn. Das
Gemuͤth laͤutert, hebet und ſtaͤrkt ſich durch
die Betrachtung: „wir ſind Menſchen.
Nichts mehr, aber auch nichts minderes,
als dieſer Name ſaget.“
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