Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

ßere Weichlichkeit ihres Klima, ihre Fami-
lienneigungen, ihre Künste, ihr Wohlbeha-
gen zu Friedenszeiten, in Zügen, an denen
sich offenbar das Auge des Dichters selbst
ergötzte. Die armen Trojaner sind ihm
eine Heerde Schaafe, die von Wölfen an-
gefallen wird; unter ihnen sind viele frem-
de Bundsgenossen, die am Schicksal der
bedrängten Königsstadt nur aus nachbar-
lichem Mitleid Theil nehmen. Uns den
inneren Wohlstand Troja's zu zeigen, un-
ser Herz für die Bedrängten mitfühlend zu
machen, führt er seinen edlen Hektor im
Anfange des Treffens in die Stadt zurück.
Er zeigt uns Priamus und seiner Söhne
Wohnungen, zeigt uns die Helena selbst in
einer zwar erniedrigten, aber nicht unwür-
digen Gestalt; so die Aeltesten der Stadt,
so endlich Andromache und ihr Kind. Rüh-
render ist wohl kein Abschied geschildert

ßere Weichlichkeit ihres Klima, ihre Fami-
lienneigungen, ihre Kuͤnſte, ihr Wohlbeha-
gen zu Friedenszeiten, in Zuͤgen, an denen
ſich offenbar das Auge des Dichters ſelbſt
ergoͤtzte. Die armen Trojaner ſind ihm
eine Heerde Schaafe, die von Woͤlfen an-
gefallen wird; unter ihnen ſind viele frem-
de Bundsgenoſſen, die am Schickſal der
bedraͤngten Koͤnigsſtadt nur aus nachbar-
lichem Mitleid Theil nehmen. Uns den
inneren Wohlſtand Troja's zu zeigen, un-
ſer Herz fuͤr die Bedraͤngten mitfuͤhlend zu
machen, fuͤhrt er ſeinen edlen Hektor im
Anfange des Treffens in die Stadt zuruͤck.
Er zeigt uns Priamus und ſeiner Soͤhne
Wohnungen, zeigt uns die Helena ſelbſt in
einer zwar erniedrigten, aber nicht unwuͤr-
digen Geſtalt; ſo die Aelteſten der Stadt,
ſo endlich Andromache und ihr Kind. Ruͤh-
render iſt wohl kein Abſchied geſchildert

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0133" n="124"/>
ßere Weichlichkeit ihres Klima, ihre Fami-<lb/>
lienneigungen, ihre Ku&#x0364;n&#x017F;te, ihr Wohlbeha-<lb/>
gen zu Friedenszeiten, in Zu&#x0364;gen, an denen<lb/>
&#x017F;ich offenbar das Auge des Dichters &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
ergo&#x0364;tzte. Die armen Trojaner &#x017F;ind ihm<lb/>
eine Heerde Schaafe, die von Wo&#x0364;lfen an-<lb/>
gefallen wird; unter ihnen &#x017F;ind viele frem-<lb/>
de Bundsgeno&#x017F;&#x017F;en, die am Schick&#x017F;al der<lb/>
bedra&#x0364;ngten Ko&#x0364;nigs&#x017F;tadt nur aus nachbar-<lb/>
lichem Mitleid Theil nehmen. Uns den<lb/>
inneren Wohl&#x017F;tand Troja's zu zeigen, un-<lb/>
&#x017F;er Herz fu&#x0364;r die Bedra&#x0364;ngten mitfu&#x0364;hlend zu<lb/>
machen, fu&#x0364;hrt er &#x017F;einen edlen Hektor im<lb/>
Anfange des Treffens in die Stadt zuru&#x0364;ck.<lb/>
Er zeigt uns Priamus und &#x017F;einer So&#x0364;hne<lb/>
Wohnungen, zeigt uns die Helena &#x017F;elb&#x017F;t in<lb/>
einer zwar erniedrigten, aber nicht unwu&#x0364;r-<lb/>
digen Ge&#x017F;talt; &#x017F;o die Aelte&#x017F;ten der Stadt,<lb/>
&#x017F;o endlich Andromache und ihr Kind. Ru&#x0364;h-<lb/>
render i&#x017F;t wohl kein Ab&#x017F;chied ge&#x017F;childert<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[124/0133] ßere Weichlichkeit ihres Klima, ihre Fami- lienneigungen, ihre Kuͤnſte, ihr Wohlbeha- gen zu Friedenszeiten, in Zuͤgen, an denen ſich offenbar das Auge des Dichters ſelbſt ergoͤtzte. Die armen Trojaner ſind ihm eine Heerde Schaafe, die von Woͤlfen an- gefallen wird; unter ihnen ſind viele frem- de Bundsgenoſſen, die am Schickſal der bedraͤngten Koͤnigsſtadt nur aus nachbar- lichem Mitleid Theil nehmen. Uns den inneren Wohlſtand Troja's zu zeigen, un- ſer Herz fuͤr die Bedraͤngten mitfuͤhlend zu machen, fuͤhrt er ſeinen edlen Hektor im Anfange des Treffens in die Stadt zuruͤck. Er zeigt uns Priamus und ſeiner Soͤhne Wohnungen, zeigt uns die Helena ſelbſt in einer zwar erniedrigten, aber nicht unwuͤr- digen Geſtalt; ſo die Aelteſten der Stadt, ſo endlich Andromache und ihr Kind. Ruͤh- render iſt wohl kein Abſchied geſchildert

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794/133
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 3. Riga, 1794, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet03_1794/133>, abgerufen am 24.11.2024.