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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785.

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stilleste, wirksamste Gottes-Anstalt anzusehen, dadurch Natio-
nen auf Nationen, Jahrhunderte auf Jahrhunderte wirken
und sich das ganze Menschengeschlecht vielleicht mit der Zeit
an Einer Kette brüderlicher Tradition zusammenfindet.

III.
Durch Nachahmung, Vernunft und Sprache sind
alle Wissenschaften und Künste des Menschen-
geschlechts erfunden worden.


Sobald der Mensch, durch welchen Gott oder Genius es
geschehen sei, auf den Weg gebracht war, eine Sache als Merk-
mal sich zuzueignen, und dem gefundnen Merkmal ein willkühr-
liches Zeichen zu substituiren, d. i. sobald auch in den kleinsten
Anfängen Sprache der Vernunft begann, sofort war er auf
dem Wege zu allen Wissenschaften und Künsten. Denn was
thut die menschliche Vernunft in Erfindung dieser, als bemer-
ken und bezeichnen? Mit der schwersten Kunst, der Sprache,
war also gewissermaasse ein Vorbild zu allem gegeben.

Der Mensch z. B. der von den Thieren ein Merkmal
der Benennung faßte, hatte damit auch den Grund gelegt, die

zähm-

ſtilleſte, wirkſamſte Gottes-Anſtalt anzuſehen, dadurch Natio-
nen auf Nationen, Jahrhunderte auf Jahrhunderte wirken
und ſich das ganze Menſchengeſchlecht vielleicht mit der Zeit
an Einer Kette bruͤderlicher Tradition zuſammenfindet.

III.
Durch Nachahmung, Vernunft und Sprache ſind
alle Wiſſenſchaften und Kuͤnſte des Menſchen-
geſchlechts erfunden worden.


Sobald der Menſch, durch welchen Gott oder Genius es
geſchehen ſei, auf den Weg gebracht war, eine Sache als Merk-
mal ſich zuzueignen, und dem gefundnen Merkmal ein willkuͤhr-
liches Zeichen zu ſubſtituiren, d. i. ſobald auch in den kleinſten
Anfaͤngen Sprache der Vernunft begann, ſofort war er auf
dem Wege zu allen Wiſſenſchaften und Kuͤnſten. Denn was
thut die menſchliche Vernunft in Erfindung dieſer, als bemer-
ken und bezeichnen? Mit der ſchwerſten Kunſt, der Sprache,
war alſo gewiſſermaaſſe ein Vorbild zu allem gegeben.

Der Menſch z. B. der von den Thieren ein Merkmal
der Benennung faßte, hatte damit auch den Grund gelegt, die

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[240/0252] ſtilleſte, wirkſamſte Gottes-Anſtalt anzuſehen, dadurch Natio- nen auf Nationen, Jahrhunderte auf Jahrhunderte wirken und ſich das ganze Menſchengeſchlecht vielleicht mit der Zeit an Einer Kette bruͤderlicher Tradition zuſammenfindet. III. Durch Nachahmung, Vernunft und Sprache ſind alle Wiſſenſchaften und Kuͤnſte des Menſchen- geſchlechts erfunden worden. Sobald der Menſch, durch welchen Gott oder Genius es geſchehen ſei, auf den Weg gebracht war, eine Sache als Merk- mal ſich zuzueignen, und dem gefundnen Merkmal ein willkuͤhr- liches Zeichen zu ſubſtituiren, d. i. ſobald auch in den kleinſten Anfaͤngen Sprache der Vernunft begann, ſofort war er auf dem Wege zu allen Wiſſenſchaften und Kuͤnſten. Denn was thut die menſchliche Vernunft in Erfindung dieſer, als bemer- ken und bezeichnen? Mit der ſchwerſten Kunſt, der Sprache, war alſo gewiſſermaaſſe ein Vorbild zu allem gegeben. Der Menſch z. B. der von den Thieren ein Merkmal der Benennung faßte, hatte damit auch den Grund gelegt, die zaͤhm-

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/252>, abgerufen am 24.11.2024.