Als ich vor zehn Jahren die kleine Schrift Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit herausgab: sollte das Auch dieses Titels wohl nichts weniger als ein anch'io son pittore sagen. Es sollte vielmehr, wie auch der Zusatz "Beitrag zu vielen Beiträgen des Jahr- hunderts" und das untergesetzte Motto zeigte, eine No- te der Bescheidenheit seyn, daß der Verfasser diese Schrift für nichts minder als für eine vollständige Philosophie der Geschichte unsres Geschlechts gebe, sondern daß er neben so vielen gebahnten Wegen, die man immer und immer be- trat, auch auf einen kleinen Fußsteg wiese, den man zur Seite liegen ließ und der doch auch vielleicht eines Jdeen- ganges werth wäre. Die hie und da im Buch citirten Schriften zeigen gnugsam, welches die betretnen und aus- getretnen Wege waren, von denen der Verfasser ablenken wollte; und so sollte sein Versuch nichts als ein fliegendes Blatt, ein Beitrag zu Beiträgen seyn, welches auch seine Gestalt weiset.
Die Schrift war bald vergriffen und ich ward zu ei- ner neuen Ausgabe derselben ermuntert; unmöglich aber
konnte
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Vorrede.
Als ich vor zehn Jahren die kleine Schrift Auch eine Philoſophie der Geſchichte zur Bildung der Menſchheit herausgab: ſollte das Auch dieſes Titels wohl nichts weniger als ein anch'io ſon pittore ſagen. Es ſollte vielmehr, wie auch der Zuſatz „Beitrag zu vielen Beitraͤgen des Jahr- hunderts„ und das untergeſetzte Motto zeigte, eine No- te der Beſcheidenheit ſeyn, daß der Verfaſſer dieſe Schrift fuͤr nichts minder als fuͤr eine vollſtaͤndige Philoſophie der Geſchichte unſres Geſchlechts gebe, ſondern daß er neben ſo vielen gebahnten Wegen, die man immer und immer be- trat, auch auf einen kleinen Fußſteg wieſe, den man zur Seite liegen ließ und der doch auch vielleicht eines Jdeen- ganges werth waͤre. Die hie und da im Buch citirten Schriften zeigen gnugſam, welches die betretnen und aus- getretnen Wege waren, von denen der Verfaſſer ablenken wollte; und ſo ſollte ſein Verſuch nichts als ein fliegendes Blatt, ein Beitrag zu Beitraͤgen ſeyn, welches auch ſeine Geſtalt weiſet.
Die Schrift war bald vergriffen und ich ward zu ei- ner neuen Ausgabe derſelben ermuntert; unmoͤglich aber
konnte
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[0009]
Vorrede.
Als ich vor zehn Jahren die kleine Schrift Auch
eine Philoſophie der Geſchichte zur
Bildung der Menſchheit herausgab: ſollte das
Auch dieſes Titels wohl nichts weniger als ein anch'io
ſon pittore ſagen. Es ſollte vielmehr, wie auch der Zuſatz
„Beitrag zu vielen Beitraͤgen des Jahr-
hunderts„ und das untergeſetzte Motto zeigte, eine No-
te der Beſcheidenheit ſeyn, daß der Verfaſſer dieſe Schrift
fuͤr nichts minder als fuͤr eine vollſtaͤndige Philoſophie der
Geſchichte unſres Geſchlechts gebe, ſondern daß er neben
ſo vielen gebahnten Wegen, die man immer und immer be-
trat, auch auf einen kleinen Fußſteg wieſe, den man zur
Seite liegen ließ und der doch auch vielleicht eines Jdeen-
ganges werth waͤre. Die hie und da im Buch citirten
Schriften zeigen gnugſam, welches die betretnen und aus-
getretnen Wege waren, von denen der Verfaſſer ablenken
wollte; und ſo ſollte ſein Verſuch nichts als ein fliegendes
Blatt, ein Beitrag zu Beitraͤgen ſeyn, welches
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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/9>, abgerufen am 23.11.2024.
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