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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784.

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Es ist eine alte Klage, daß der Mensch, statt den Bo-
den der Erde zu bauen, in ihre Eingeweide gedrungen ist
und mit dem Schaden seiner Gesundheit und Ruhe unter
giftigen Dünsten daselbst die Metalle aufsucht, die seiner
Pracht und Eitelkeit, seiner Habgier und Herrschsucht dienen.
Daß vieles hierinn wahr sei, bezeugen die Folgen, die diese
Dinge auf der Oberfläche der Erde hervorgebracht haben
und noch mehr die blassen Gesichter, die als eingekerkerte
Mumien in diesen Reichen des Pluto wühlen. Warum ist
die Luft in ihnen so anders, die, indem sie die Metalle nährt,
Menschen und Thiere tödtet? warum belegte der Schöpfer
unsre Erde nicht mit Gold und Diamanten, statt daß er jetzt
allen ihren Wesen Gesetze gab, sie todt und lebend mit frucht-
barer Erde zu bereichern? Ohne Zweifel weil wir vom Gol-
de nicht essen konnten und weil die kleinste genießbare Pflan-
ze nicht nur für uns nützlicher sondern auch in ihrer Art or-
ganischer und edler ist, als der theureste Kiesel, der, Diamant,
Smaragd, Amethyst und Sapphier genannt wird. -- Jn-
dessen muß man auch hiebei nichts übertreiben. Jn den
verschiednen Perioden der Menschheit, die ihr Schöpfer
voraussah und die er selbst nach dem Bau unsrer Erde zu
befördern scheinet, lag auch der Zustand, da der Mensch un-
ter sich graben und über sich fliegen lernte. Verschiedene
Metalle legte er ihm sogar gediegen nahe dem Auge vor:

die

Es iſt eine alte Klage, daß der Menſch, ſtatt den Bo-
den der Erde zu bauen, in ihre Eingeweide gedrungen iſt
und mit dem Schaden ſeiner Geſundheit und Ruhe unter
giftigen Duͤnſten daſelbſt die Metalle aufſucht, die ſeiner
Pracht und Eitelkeit, ſeiner Habgier und Herrſchſucht dienen.
Daß vieles hierinn wahr ſei, bezeugen die Folgen, die dieſe
Dinge auf der Oberflaͤche der Erde hervorgebracht haben
und noch mehr die blaſſen Geſichter, die als eingekerkerte
Mumien in dieſen Reichen des Pluto wuͤhlen. Warum iſt
die Luft in ihnen ſo anders, die, indem ſie die Metalle naͤhrt,
Menſchen und Thiere toͤdtet? warum belegte der Schoͤpfer
unſre Erde nicht mit Gold und Diamanten, ſtatt daß er jetzt
allen ihren Weſen Geſetze gab, ſie todt und lebend mit frucht-
barer Erde zu bereichern? Ohne Zweifel weil wir vom Gol-
de nicht eſſen konnten und weil die kleinſte genießbare Pflan-
ze nicht nur fuͤr uns nuͤtzlicher ſondern auch in ihrer Art or-
ganiſcher und edler iſt, als der theureſte Kieſel, der, Diamant,
Smaragd, Amethyſt und Sapphier genannt wird. — Jn-
deſſen muß man auch hiebei nichts uͤbertreiben. Jn den
verſchiednen Perioden der Menſchheit, die ihr Schoͤpfer
vorausſah und die er ſelbſt nach dem Bau unſrer Erde zu
befoͤrdern ſcheinet, lag auch der Zuſtand, da der Menſch un-
ter ſich graben und uͤber ſich fliegen lernte. Verſchiedene
Metalle legte er ihm ſogar gediegen nahe dem Auge vor:

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[63/0085] Es iſt eine alte Klage, daß der Menſch, ſtatt den Bo- den der Erde zu bauen, in ihre Eingeweide gedrungen iſt und mit dem Schaden ſeiner Geſundheit und Ruhe unter giftigen Duͤnſten daſelbſt die Metalle aufſucht, die ſeiner Pracht und Eitelkeit, ſeiner Habgier und Herrſchſucht dienen. Daß vieles hierinn wahr ſei, bezeugen die Folgen, die dieſe Dinge auf der Oberflaͤche der Erde hervorgebracht haben und noch mehr die blaſſen Geſichter, die als eingekerkerte Mumien in dieſen Reichen des Pluto wuͤhlen. Warum iſt die Luft in ihnen ſo anders, die, indem ſie die Metalle naͤhrt, Menſchen und Thiere toͤdtet? warum belegte der Schoͤpfer unſre Erde nicht mit Gold und Diamanten, ſtatt daß er jetzt allen ihren Weſen Geſetze gab, ſie todt und lebend mit frucht- barer Erde zu bereichern? Ohne Zweifel weil wir vom Gol- de nicht eſſen konnten und weil die kleinſte genießbare Pflan- ze nicht nur fuͤr uns nuͤtzlicher ſondern auch in ihrer Art or- ganiſcher und edler iſt, als der theureſte Kieſel, der, Diamant, Smaragd, Amethyſt und Sapphier genannt wird. — Jn- deſſen muß man auch hiebei nichts uͤbertreiben. Jn den verſchiednen Perioden der Menſchheit, die ihr Schoͤpfer vorausſah und die er ſelbſt nach dem Bau unſrer Erde zu befoͤrdern ſcheinet, lag auch der Zuſtand, da der Menſch un- ter ſich graben und uͤber ſich fliegen lernte. Verſchiedene Metalle legte er ihm ſogar gediegen nahe dem Auge vor: die

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/85>, abgerufen am 22.11.2024.