Herder, Johann Gottfried von: Von Deutscher Art und Kunst. Hamburg, 1773.tionen in Nordamerika: Sterbelied und Als
tionen in Nordamerika: Sterbelied und Als
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0020" n="16"/><hi rendition="#fr">tionen</hi> in <hi rendition="#fr">Nordamerika:</hi> Sterbelied und<lb/> Kriegsgeſang, Schlacht- und Grablied, hiſto-<lb/> riſche Lobgeſaͤnge auf die Vaͤter und an die Vaͤ-<lb/> ter — alles iſt den Barden Oſſians und den<lb/> Wilden in Nordamerika gemein; der letzten<lb/> Marter- und Rachelied nehme ich aus, dafuͤr<lb/> die ſanften Kaledonier ihre Geſaͤnge mit dem<lb/> ſanften Blut der Liebe faͤrbten. Nun ſehen<lb/> Sie einmal, was alle Reiſebeſchreiber, <hi rendition="#fr">Char-<lb/> levoix</hi> und <hi rendition="#fr">Lafiteau, Roger,</hi> und <hi rendition="#fr">Cad-<lb/> wallader Colden</hi> vom Ton, vom Rythmus,<lb/> von der Macht dieſer Geſaͤnge auch fuͤr Ohren<lb/> der Fremdlinge ſagen. Sehen Sie nach, wie<lb/> viel nach allen Berichten darinn auf lebende<lb/> Bewegung, Melodie, Zeichen ſprache und Pan-<lb/> tomime ankoͤmmt, und wenn nun Reiſende,<lb/> die die Schotten kannten, und mit den Ameri-<lb/> kanern ſo lange gelebt hatten, Kapt. <hi rendition="#fr">Timber-<lb/> lake</hi> z. B. die offenbare Aehnlichkeit der Geſaͤnge<lb/> beyder Nationen anerkannten — ſo ſchlieſſen<lb/> Sie weiter. Bey Denis ſtehen wir ſteif und<lb/> feſt auf der Erde: hoͤren etwa Sinn und Jn-<lb/> halt in eigner, guter poetiſcher Sprache, aber<lb/> nach der Analogie aller wilden Voͤlker kein Laut,<lb/> kein Ton, kein lebendiges Luͤftchen von den Huͤ-<lb/> geln der Kaledonier, das uns hebe und ſchwinge,<lb/> und den lebendigen Ton ihrer Lieder hoͤren laſ-<lb/> ſen: wir ſitzen, wir leſen, wir kleben ſteif und<lb/> feſt an der Erde.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Als</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [16/0020]
tionen in Nordamerika: Sterbelied und
Kriegsgeſang, Schlacht- und Grablied, hiſto-
riſche Lobgeſaͤnge auf die Vaͤter und an die Vaͤ-
ter — alles iſt den Barden Oſſians und den
Wilden in Nordamerika gemein; der letzten
Marter- und Rachelied nehme ich aus, dafuͤr
die ſanften Kaledonier ihre Geſaͤnge mit dem
ſanften Blut der Liebe faͤrbten. Nun ſehen
Sie einmal, was alle Reiſebeſchreiber, Char-
levoix und Lafiteau, Roger, und Cad-
wallader Colden vom Ton, vom Rythmus,
von der Macht dieſer Geſaͤnge auch fuͤr Ohren
der Fremdlinge ſagen. Sehen Sie nach, wie
viel nach allen Berichten darinn auf lebende
Bewegung, Melodie, Zeichen ſprache und Pan-
tomime ankoͤmmt, und wenn nun Reiſende,
die die Schotten kannten, und mit den Ameri-
kanern ſo lange gelebt hatten, Kapt. Timber-
lake z. B. die offenbare Aehnlichkeit der Geſaͤnge
beyder Nationen anerkannten — ſo ſchlieſſen
Sie weiter. Bey Denis ſtehen wir ſteif und
feſt auf der Erde: hoͤren etwa Sinn und Jn-
halt in eigner, guter poetiſcher Sprache, aber
nach der Analogie aller wilden Voͤlker kein Laut,
kein Ton, kein lebendiges Luͤftchen von den Huͤ-
geln der Kaledonier, das uns hebe und ſchwinge,
und den lebendigen Ton ihrer Lieder hoͤren laſ-
ſen: wir ſitzen, wir leſen, wir kleben ſteif und
feſt an der Erde.
Als
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |