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Herder, Johann Gottfried von: Von Deutscher Art und Kunst. Hamburg, 1773.

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Eigenthümer zur Reichsvertheidigung aufzu-
mahnen. Denn nachdem die Lehne erblich
geworden, fielen solche immer mehr und mehr
zusammen. Der Kriegsleute wurden also
weniger. Sie waren zum Theil erschöpft;
und wie die auswärtigen Monarchien sich auf
die gemeine Hülfe erhoben, nicht im Stande,
ihr Vaterland dagegen allein zu vertheidigen.
Allein eine so grosse Revolution wäre das
Werk eines Bundschuhes gewesen. Man
mußte also auf einem fehlerhaften Plan fort-
gehn, und die Zahl der Dienstleute mit un-
belehnten, unbegüterten und zum Theil schlech-
ten Leuten vermehren, allerhand Schaaren
von Knechten errichten, und den Weg ein-
schlagen, worauf man nachgehends zu den ste-
henden Herren gekommen ist. Eine Zeitlang
reichten die Kammergüter der Fürsten, wel-
che ihre Macht auf diese Art vermehrten, zu
den Unkosten hin; man wußte von keinen ge-
meinen Steuren; und in der That waren
auch keine steuerbare Unterthanen vorhanden,
weil der Bauer als Pächter sich lediglich an
seinen Contrakt hielte, und sein Heer frey
war, wenn er als Guthsherr fürs Vater-
land, und als Vasall für seinen Lehnsherrn
den Degen zog. Die Kammergüter wurden
aber bald erschöpft, verpfändet oder verkauft.
Und man mußte nunmehr seine Zuflucht zu

den

Eigenthuͤmer zur Reichsvertheidigung aufzu-
mahnen. Denn nachdem die Lehne erblich
geworden, fielen ſolche immer mehr und mehr
zuſammen. Der Kriegsleute wurden alſo
weniger. Sie waren zum Theil erſchoͤpft;
und wie die auswaͤrtigen Monarchien ſich auf
die gemeine Huͤlfe erhoben, nicht im Stande,
ihr Vaterland dagegen allein zu vertheidigen.
Allein eine ſo groſſe Revolution waͤre das
Werk eines Bundſchuhes geweſen. Man
mußte alſo auf einem fehlerhaften Plan fort-
gehn, und die Zahl der Dienſtleute mit un-
belehnten, unbeguͤterten und zum Theil ſchlech-
ten Leuten vermehren, allerhand Schaaren
von Knechten errichten, und den Weg ein-
ſchlagen, worauf man nachgehends zu den ſte-
henden Herren gekommen iſt. Eine Zeitlang
reichten die Kammerguͤter der Fuͤrſten, wel-
che ihre Macht auf dieſe Art vermehrten, zu
den Unkoſten hin; man wußte von keinen ge-
meinen Steuren; und in der That waren
auch keine ſteuerbare Unterthanen vorhanden,
weil der Bauer als Paͤchter ſich lediglich an
ſeinen Contrakt hielte, und ſein Heer frey
war, wenn er als Guthsherr fuͤrs Vater-
land, und als Vaſall fuͤr ſeinen Lehnsherrn
den Degen zog. Die Kammerguͤter wurden
aber bald erſchoͤpft, verpfaͤndet oder verkauft.
Und man mußte nunmehr ſeine Zuflucht zu

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[171/0175] Eigenthuͤmer zur Reichsvertheidigung aufzu- mahnen. Denn nachdem die Lehne erblich geworden, fielen ſolche immer mehr und mehr zuſammen. Der Kriegsleute wurden alſo weniger. Sie waren zum Theil erſchoͤpft; und wie die auswaͤrtigen Monarchien ſich auf die gemeine Huͤlfe erhoben, nicht im Stande, ihr Vaterland dagegen allein zu vertheidigen. Allein eine ſo groſſe Revolution waͤre das Werk eines Bundſchuhes geweſen. Man mußte alſo auf einem fehlerhaften Plan fort- gehn, und die Zahl der Dienſtleute mit un- belehnten, unbeguͤterten und zum Theil ſchlech- ten Leuten vermehren, allerhand Schaaren von Knechten errichten, und den Weg ein- ſchlagen, worauf man nachgehends zu den ſte- henden Herren gekommen iſt. Eine Zeitlang reichten die Kammerguͤter der Fuͤrſten, wel- che ihre Macht auf dieſe Art vermehrten, zu den Unkoſten hin; man wußte von keinen ge- meinen Steuren; und in der That waren auch keine ſteuerbare Unterthanen vorhanden, weil der Bauer als Paͤchter ſich lediglich an ſeinen Contrakt hielte, und ſein Heer frey war, wenn er als Guthsherr fuͤrs Vater- land, und als Vaſall fuͤr ſeinen Lehnsherrn den Degen zog. Die Kammerguͤter wurden aber bald erſchoͤpft, verpfaͤndet oder verkauft. Und man mußte nunmehr ſeine Zuflucht zu den

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Von Deutscher Art und Kunst. Hamburg, 1773, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_artundkunst_1773/175>, abgerufen am 09.11.2024.