Herder, Johann Gottfried von: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Berlin, 1772.Lichte gedacht, daß er sich mit dem zweiten ver- mußte E 3
Lichte gedacht, daß er ſich mit dem zweiten ver- mußte E 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0075" n="69"/> Lichte gedacht, daß er ſich mit dem zweiten ver-<lb/> binden koͤnnte „das habe ich nicht!„) wuͤrkliche<lb/> Reflexion; und nun der dritte und vierte „wohl!<lb/> „das waͤre auch meiner Natur gemaͤß! das koͤnnte<lb/> „ich nachahmen! das will ich nachahmen! da-<lb/> „durch wird mein Geſchlecht vollkommner!„ wel-<lb/> che Menge von feinen, fortſchließenden Reflexio-<lb/> nen! da das Geſchoͤpf, das nur die Erſte ſich<lb/> auseinander ſezzen konnte, ſchon Sprache der<lb/> Seele haben mußte! ſchon <hi rendition="#fr">die</hi> Kunſt zu denken be-<lb/> ſaß, die die Kunſt zu ſprechen ſchuf. Der Affe<lb/> aͤffet immer nach, aber nachgeahmt hat er nie:<lb/> Nie mit Beſonnenheit zu ſich geſprochen „das will<lb/> „ich nachahmen, um mein Geſchlecht vollkomm-<lb/> „ner zu machen!„ Denn haͤtte er das je, haͤtte<lb/> er eine Einzige Nachahmung ſich zu Eigen gemacht,<lb/> ſie in ſeinem Geſchlecht, mit Wahl und Abſicht<lb/> verewigt; haͤtte er auch nur ein einzigesmal eine<lb/> Einzige ſolche Reflexion denken koͤnnen — Den-<lb/> ſelben Augenblick war er kein Affe mehr! Jn aller<lb/> ſeiner Affengeſtalt, ohne einen Laut ſeiner Zunge,<lb/> war er inwendig ſprechender Menſch, der ſich uͤber<lb/> kurz oder lang ſeine aͤußerliche Sprache erfinden<lb/> <fw place="bottom" type="sig">E 3</fw><fw place="bottom" type="catch">mußte</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [69/0075]
Lichte gedacht, daß er ſich mit dem zweiten ver-
binden koͤnnte „das habe ich nicht!„) wuͤrkliche
Reflexion; und nun der dritte und vierte „wohl!
„das waͤre auch meiner Natur gemaͤß! das koͤnnte
„ich nachahmen! das will ich nachahmen! da-
„durch wird mein Geſchlecht vollkommner!„ wel-
che Menge von feinen, fortſchließenden Reflexio-
nen! da das Geſchoͤpf, das nur die Erſte ſich
auseinander ſezzen konnte, ſchon Sprache der
Seele haben mußte! ſchon die Kunſt zu denken be-
ſaß, die die Kunſt zu ſprechen ſchuf. Der Affe
aͤffet immer nach, aber nachgeahmt hat er nie:
Nie mit Beſonnenheit zu ſich geſprochen „das will
„ich nachahmen, um mein Geſchlecht vollkomm-
„ner zu machen!„ Denn haͤtte er das je, haͤtte
er eine Einzige Nachahmung ſich zu Eigen gemacht,
ſie in ſeinem Geſchlecht, mit Wahl und Abſicht
verewigt; haͤtte er auch nur ein einzigesmal eine
Einzige ſolche Reflexion denken koͤnnen — Den-
ſelben Augenblick war er kein Affe mehr! Jn aller
ſeiner Affengeſtalt, ohne einen Laut ſeiner Zunge,
war er inwendig ſprechender Menſch, der ſich uͤber
kurz oder lang ſeine aͤußerliche Sprache erfinden
mußte
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