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Herder, Johann Gottfried von: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Berlin, 1772.

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Wie würde er sich freuen, wenn er mit dieser
Abhandlung eine Hypothese verdränge, die von
allen Seiten betrachtet, dem menschlichen Geist
nur zum Nebel und zur Unehre ist, und es zu
lange dazu gewesen! Er hat eben deßwegen das
Gebot der Akademie übertreten und keine Hypo-
these geliefert:
denn was wär's, wenn eine
Hypothese die andre auf- oder gleich wäge? und
wie pflegt man, was die Form einer Hypothese
hat, zu betrachten, als wie philosophischen Ro-
man, Rousseaus, Condillacs und andrer? Er
befließ sich lieber, "veste Data aus der mensch-
"lichen Seele, der menschlichen Organisation,
"dem Bau aller alten und wilden Sprachen

"und der ganzen Haushaltung des menschli-
"chen Geschlechts
zu sammlen," und seinen
Satz so zu beweisen, wie die vesteste philosophi-
sche Wahrheit
bewiesen werden kann. Er glaubt
also mit seinem Ungehorsam den Willen der Aka-
demie eher erreicht zu haben, als er sich sonst er-
reichen ließ -- -- --



Wie wuͤrde er ſich freuen, wenn er mit dieſer
Abhandlung eine Hypotheſe verdraͤnge, die von
allen Seiten betrachtet, dem menſchlichen Geiſt
nur zum Nebel und zur Unehre iſt, und es zu
lange dazu geweſen! Er hat eben deßwegen das
Gebot der Akademie uͤbertreten und keine Hypo-
theſe geliefert:
denn was waͤr’s, wenn eine
Hypotheſe die andre auf- oder gleich waͤge? und
wie pflegt man, was die Form einer Hypotheſe
hat, zu betrachten, als wie philoſophiſchen Ro-
man, Rouſſeaus, Condillacs und andrer? Er
befließ ſich lieber, „veſte Data aus der menſch-
„lichen Seele, der menſchlichen Organiſation,
„dem Bau aller alten und wilden Sprachen

„und der ganzen Haushaltung des menſchli-
„chen Geſchlechts
zu ſammlen,„ und ſeinen
Satz ſo zu beweiſen, wie die veſteſte philoſophi-
ſche Wahrheit
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[222/0228] Wie wuͤrde er ſich freuen, wenn er mit dieſer Abhandlung eine Hypotheſe verdraͤnge, die von allen Seiten betrachtet, dem menſchlichen Geiſt nur zum Nebel und zur Unehre iſt, und es zu lange dazu geweſen! Er hat eben deßwegen das Gebot der Akademie uͤbertreten und keine Hypo- theſe geliefert: denn was waͤr’s, wenn eine Hypotheſe die andre auf- oder gleich waͤge? und wie pflegt man, was die Form einer Hypotheſe hat, zu betrachten, als wie philoſophiſchen Ro- man, Rouſſeaus, Condillacs und andrer? Er befließ ſich lieber, „veſte Data aus der menſch- „lichen Seele, der menſchlichen Organiſation, „dem Bau aller alten und wilden Sprachen „und der ganzen Haushaltung des menſchli- „chen Geſchlechts zu ſammlen,„ und ſeinen Satz ſo zu beweiſen, wie die veſteſte philoſophi- ſche Wahrheit bewieſen werden kann. Er glaubt alſo mit ſeinem Ungehorſam den Willen der Aka- demie eher erreicht zu haben, als er ſich ſonſt er- reichen ließ — — —

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Berlin, 1772, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_abhandlung_1772/228>, abgerufen am 24.11.2024.