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Herder, Johann Gottfried von: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Berlin, 1772.

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andern Seite "die Sprache auch genau so ist,
"wie sie nach dem Grundtiß, und der
"Wucht des vorigen Geschöpfes hat entste-
"hen müssen?"
--

-- -- -- Jch gehe das lezte zu beweisen, ob
gleich hier mir noch ein sehr angenehmer Spatzier-
gang vorläge, es nach den Regeln der Sulzer-
schen Theorie des Vergnügens
zu berechnen,
"was eine Sprache durchs Gehör für uns für
"Vorzüge und Annehmlichkeiten für der Sprache
"andrer Sinne hätte?" -- -- Der Spatzier-
gang führte aber zu weit: und man muß ihm ent-
sagen, wenn noch die Hauptstrasse zu sichern und
zu berichtigen weit vorliegt. -- Also Erstlich

I. "Je älter, und ursprünglicher die Sprachen
"sind: desto mehr wird diese Analogie der
"Sinne in ihren Wurzeln merklich!"

Wenn wir in spätern Sprachen den Zorn
schon als Phänomenon des Gesichts, oder als Ab-
straktum in den Wurzeln charakterisiren: z. E.
durch das Funkeln der Augen, das Glühen der
Wangen u. s. w. und ihn also nur sehen oder den-

ken:

andern Seite „die Sprache auch genau ſo iſt,
„wie ſie nach dem Grundtiß, und der
„Wucht des vorigen Geſchoͤpfes hat entſte-
„hen muͤſſen?„

— — — Jch gehe das lezte zu beweiſen, ob
gleich hier mir noch ein ſehr angenehmer Spatzier-
gang vorlaͤge, es nach den Regeln der Sulzer-
ſchen Theorie des Vergnuͤgens
zu berechnen,
„was eine Sprache durchs Gehoͤr fuͤr uns fuͤr
„Vorzuͤge und Annehmlichkeiten fuͤr der Sprache
„andrer Sinne haͤtte?„ — — Der Spatzier-
gang fuͤhrte aber zu weit: und man muß ihm ent-
ſagen, wenn noch die Hauptſtraſſe zu ſichern und
zu berichtigen weit vorliegt. — Alſo Erſtlich

I. „Je aͤlter, und urſpruͤnglicher die Sprachen
„ſind: deſto mehr wird dieſe Analogie der
„Sinne in ihren Wurzeln merklich!„

Wenn wir in ſpaͤtern Sprachen den Zorn
ſchon als Phaͤnomenon des Geſichts, oder als Ab-
ſtraktum in den Wurzeln charakteriſiren: z. E.
durch das Funkeln der Augen, das Gluͤhen der
Wangen u. ſ. w. und ihn alſo nur ſehen oder den-

ken:
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[108/0114] andern Seite „die Sprache auch genau ſo iſt, „wie ſie nach dem Grundtiß, und der „Wucht des vorigen Geſchoͤpfes hat entſte- „hen muͤſſen?„ — — — — Jch gehe das lezte zu beweiſen, ob gleich hier mir noch ein ſehr angenehmer Spatzier- gang vorlaͤge, es nach den Regeln der Sulzer- ſchen Theorie des Vergnuͤgens zu berechnen, „was eine Sprache durchs Gehoͤr fuͤr uns fuͤr „Vorzuͤge und Annehmlichkeiten fuͤr der Sprache „andrer Sinne haͤtte?„ — — Der Spatzier- gang fuͤhrte aber zu weit: und man muß ihm ent- ſagen, wenn noch die Hauptſtraſſe zu ſichern und zu berichtigen weit vorliegt. — Alſo Erſtlich I. „Je aͤlter, und urſpruͤnglicher die Sprachen „ſind: deſto mehr wird dieſe Analogie der „Sinne in ihren Wurzeln merklich!„ Wenn wir in ſpaͤtern Sprachen den Zorn ſchon als Phaͤnomenon des Geſichts, oder als Ab- ſtraktum in den Wurzeln charakteriſiren: z. E. durch das Funkeln der Augen, das Gluͤhen der Wangen u. ſ. w. und ihn alſo nur ſehen oder den- ken:

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Berlin, 1772, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_abhandlung_1772/114>, abgerufen am 04.05.2024.