unam, communem, totalem cogitationem consen- tiant, quae ab omnium attributis differat, omnia tamen ea attributa recipiat, et comparet? Estne aliquod exemplum corporis, quod absque externa causa ex quiete in motum transeat, mo- tus directionem absque occurrente alia causa mutet, reflectat, ut in anima observatu facilli- mum est? -- Et tamen haec anima, adeo diversa a corpore, arctissimis cum eo ipso conditionibus religatur. Und wie endet der grosse Mann sein Werk? Mortui hominis cadaver putredini traditur. Ita adeps et aqua, et gluten, resoluta avolant; terra suis destituta vinculis sensim dilabitur, et ad humum se admiscet: Anima eo abit, quo Deus iusserit, quam in morte non de- strui vel ex frequente phaenomeno arguas: plurimi enim mortales, quando nunc corporis vires dissolutae dilabun- tur, serenissimae et vegetae, et laetae demum mentis signa edunt.
Mit dieser, nicht von mir aufgestellten, Auctorität mögen nun ein paar entgegengesetzte Meinungen vergli- chen werden; man sehe zu, welche von beyden ihr am nächsten kommt!
Herr Prof. Rudolphi sagt in seiner Physiologie,
§. 3. folgendes. "Der Organismus ist nicht nur die Quelle der körperlichen, sondern auch der geistigen Thätigkeit. -- Sollte jedoch die psychische Seite des Lebens hier eben so ausführlich behandelt werden, wie die physische, so würde es die Gränzen einer -- Vorlesung überschreiten!"
§. 225. dagegen lautet: "Ausser der geistigen Kraft, die ganz für sich steht, scheint es mir hinreichend, von der allgemeinen Erregbarkeit die Spannkraft, Mus- kelkraft, und Nervenkraft zu unterscheiden."
§. 227. "Das Daseyn oder Hinzutreten eines Geistes oder einer Seele zum Körper erklärt uns das Leben nicht im Geringsten," (Sehr wahr! Die Seele ist nicht zum Dienste der Physiologie vorhanden.)
unam, communem, totalem cogitationem conſen- tiant, quae ab omnium attributis differat, omnia tamen ea attributa recipiat, et comparet? Eſtne aliquod exemplum corporis, quod absque externa cauſa ex quiete in motum transeat, mo- tus directionem absque occurrente alia cauſa mutet, reflectat, ut in anima obſervatu facilli- mum eſt? — Et tamen haec anima, adeo diverſa a corpore, arctiſſimis cum eo ipſo conditionibus religatur. Und wie endet der groſse Mann sein Werk? Mortui hominis cadaver putredini traditur. Ita adeps et aqua, et gluten, reſoluta avolant; terra ſuis deſtituta vinculis ſenſim dilabitur, et ad humum se admiscet: Anima eo abit, quo Deus iuſſerit, quam in morte non de- ſtrui vel ex frequente phaenomeno arguas: plurimi enim mortales, quando nunc corporis vires diſſolutae dilabun- tur, ſereniſſimae et vegetae, et laetae demum mentis ſigna edunt.
Mit dieser, nicht von mir aufgestellten, Auctorität mögen nun ein paar entgegengesetzte Meinungen vergli- chen werden; man sehe zu, welche von beyden ihr am nächsten kommt!
Herr Prof. Rudolphi sagt in seiner Physiologie,
§. 3. folgendes. „Der Organismus ist nicht nur die Quelle der körperlichen, sondern auch der geistigen Thätigkeit. — Sollte jedoch die psychische Seite des Lebens hier eben so ausführlich behandelt werden, wie die physische, so würde es die Gränzen einer — Vorlesung überschreiten!“
§. 225. dagegen lautet: „Auſser der geistigen Kraft, die ganz für sich steht, scheint es mir hinreichend, von der allgemeinen Erregbarkeit die Spannkraft, Mus- kelkraft, und Nervenkraft zu unterscheiden.“
§. 227. „Das Daseyn oder Hinzutreten eines Geistes oder einer Seele zum Körper erklärt uns das Leben nicht im Geringsten,“ (Sehr wahr! Die Seele ist nicht zum Dienste der Physiologie vorhanden.)
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Eſtne aliquod exemplum corporis, quod absque
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tus directionem absque occurrente alia cauſa
mutet, reflectat, ut in anima obſervatu facilli-
mum eſt? — Et tamen haec anima, adeo diverſa a
corpore, arctiſſimis cum eo ipſo conditionibus religatur.
Und wie endet der groſse Mann sein Werk? Mortui
hominis cadaver putredini traditur. Ita adeps et aqua,
et gluten, reſoluta avolant; terra ſuis deſtituta vinculis
ſenſim dilabitur, et ad humum se admiscet: Anima eo
abit, quo Deus iuſſerit, quam in morte non de-
ſtrui vel ex frequente phaenomeno arguas: plurimi enim
mortales, quando nunc corporis vires diſſolutae dilabun-
tur, ſereniſſimae et vegetae, et laetae demum mentis
ſigna edunt.
Mit dieser, nicht von mir aufgestellten, Auctorität
mögen nun ein paar entgegengesetzte Meinungen vergli-
chen werden; man sehe zu, welche von beyden ihr am
nächsten kommt!
Herr Prof. Rudolphi sagt in seiner Physiologie,
§. 3. folgendes. „Der Organismus ist nicht nur die
Quelle der körperlichen, sondern auch der geistigen
Thätigkeit. — Sollte jedoch die psychische Seite
des Lebens hier eben so ausführlich behandelt werden,
wie die physische, so würde es die Gränzen einer —
Vorlesung überschreiten!“
§. 225. dagegen lautet: „Auſser der geistigen Kraft,
die ganz für sich steht, scheint es mir hinreichend,
von der allgemeinen Erregbarkeit die Spannkraft, Mus-
kelkraft, und Nervenkraft zu unterscheiden.“
§. 227. „Das Daseyn oder Hinzutreten eines
Geistes oder einer Seele zum Körper erklärt uns das
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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/90>, abgerufen am 24.11.2024.
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