und den entgegengesetzten Kräften; und es giebt ver- schiedene Resultate dieses Streits, je nachdem die Kräfte grösser oder kleiner, das heisst, je nachdem der Grad der Gleichartigkeit, folglich der Hemmungsgrad, grösser oder kleiner angenommen wird. Die Berechnung darüber ist in den angeführten Paragraphen, wenigstens zum Theil, geführt worden. Aber auf welchen Gegenstand soll sie angewendet werden? -- Schon dort wurde erin- nert, dass sie auf die Intervalle einfacher Töne, auf die ersten Elemente der Musik passt. Gleichwohl ist offenbar, dass die Töne, als solche, gar kein besonde- res Vorrecht haben, sich die Anwendung jener Rech- nungen ganz allein zu vindiciren. Die Sphäre derselben muss weit grösser seyn; denn der Begriff des grössern oder kleinern Hemmungsgrades gehört zu den allgemein- sten, die es für die ganze Psychologie nur geben kann; und bloss das ist dabey zu bedenken, dass hier von ein- fachen Vorstellungen, die wir Empfindungen zu nennen pflegen, die Rede ist; also nicht von jenen Rei- hen und Geweben, wobey allemal die Reproductionsge- setze, und das in ihnen liegende Begehren, zunächst das Gefühl bestimmen.
Nun hat man zwar sehr Ursache, die Anwendung der allgemeinen Gesetze aller Verschmelzung vor der Hemmung, zuerst bey den Verhältnissen der Töne zu versuchen. Denn dieser Gegenstand ist bey weitem am einfachsten, und am bekanntesten. Es ist auch ganz unwidersprechlich, dass die Unterschiede der Consonanz und Dissonanz in der Musik einzig und allein durch das Intervall jedes Paars von Tönen, das heisst, durch den Hemmungsgrad, bestimmt wird; diese Thatsache liegt deutlich vor Augen. Man mag nachsehn, was ich in den Hauptpuncten der Metaphysik, und im zweyten Heft des Königsberger Archivs darüber gesagt habe.
Allein es ist nicht erlaubt, hiebey stehn zu bleiben. Die Farben sind ja auch einfache Empfindungen mit be- stimmten Hemmungsgraden zwischen jedem Paare. Sollte
und den entgegengesetzten Kräften; und es giebt ver- schiedene Resultate dieses Streits, je nachdem die Kräfte gröſser oder kleiner, das heiſst, je nachdem der Grad der Gleichartigkeit, folglich der Hemmungsgrad, gröſser oder kleiner angenommen wird. Die Berechnung darüber ist in den angeführten Paragraphen, wenigstens zum Theil, geführt worden. Aber auf welchen Gegenstand soll sie angewendet werden? — Schon dort wurde erin- nert, daſs sie auf die Intervalle einfacher Töne, auf die ersten Elemente der Musik paſst. Gleichwohl ist offenbar, daſs die Töne, als solche, gar kein besonde- res Vorrecht haben, sich die Anwendung jener Rech- nungen ganz allein zu vindiciren. Die Sphäre derselben muſs weit gröſser seyn; denn der Begriff des gröſsern oder kleinern Hemmungsgrades gehört zu den allgemein- sten, die es für die ganze Psychologie nur geben kann; und bloſs das ist dabey zu bedenken, daſs hier von ein- fachen Vorstellungen, die wir Empfindungen zu nennen pflegen, die Rede ist; also nicht von jenen Rei- hen und Geweben, wobey allemal die Reproductionsge- setze, und das in ihnen liegende Begehren, zunächst das Gefühl bestimmen.
Nun hat man zwar sehr Ursache, die Anwendung der allgemeinen Gesetze aller Verschmelzung vor der Hemmung, zuerst bey den Verhältnissen der Töne zu versuchen. Denn dieser Gegenstand ist bey weitem am einfachsten, und am bekanntesten. Es ist auch ganz unwidersprechlich, daſs die Unterschiede der Consonanz und Dissonanz in der Musik einzig und allein durch das Intervall jedes Paars von Tönen, das heiſst, durch den Hemmungsgrad, bestimmt wird; diese Thatsache liegt deutlich vor Augen. Man mag nachsehn, was ich in den Hauptpuncten der Metaphysik, und im zweyten Heft des Königsberger Archivs darüber gesagt habe.
Allein es ist nicht erlaubt, hiebey stehn zu bleiben. Die Farben sind ja auch einfache Empfindungen mit be- stimmten Hemmungsgraden zwischen jedem Paare. Sollte
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und den entgegengesetzten Kräften; und es giebt ver-
schiedene Resultate dieses Streits, je nachdem die Kräfte
gröſser oder kleiner, das heiſst, je nachdem der Grad
der Gleichartigkeit, folglich der Hemmungsgrad, gröſser
oder kleiner angenommen wird. Die Berechnung darüber
ist in den angeführten Paragraphen, wenigstens zum
Theil, geführt worden. Aber auf welchen Gegenstand
soll sie angewendet werden? — Schon dort wurde erin-
nert, daſs sie auf die Intervalle einfacher Töne, auf
die ersten Elemente der Musik paſst. Gleichwohl ist
offenbar, daſs die Töne, als solche, gar kein besonde-
res Vorrecht haben, sich die Anwendung jener Rech-
nungen ganz allein zu vindiciren. Die Sphäre derselben
muſs weit gröſser seyn; denn der Begriff des gröſsern
oder kleinern Hemmungsgrades gehört zu den allgemein-
sten, die es für die ganze Psychologie nur geben kann;
und bloſs das ist dabey zu bedenken, daſs hier von ein-
fachen Vorstellungen, die wir Empfindungen zu
nennen pflegen, die Rede ist; also nicht von jenen Rei-
hen und Geweben, wobey allemal die Reproductionsge-
setze, und das in ihnen liegende Begehren, zunächst das
Gefühl bestimmen.
Nun hat man zwar sehr Ursache, die Anwendung
der allgemeinen Gesetze aller Verschmelzung vor
der Hemmung, zuerst bey den Verhältnissen der Töne
zu versuchen. Denn dieser Gegenstand ist bey weitem
am einfachsten, und am bekanntesten. Es ist auch ganz
unwidersprechlich, daſs die Unterschiede der Consonanz
und Dissonanz in der Musik einzig und allein durch das
Intervall jedes Paars von Tönen, das heiſst, durch den
Hemmungsgrad, bestimmt wird; diese Thatsache liegt
deutlich vor Augen. Man mag nachsehn, was ich in den
Hauptpuncten der Metaphysik, und im zweyten Heft des
Königsberger Archivs darüber gesagt habe.
Allein es ist nicht erlaubt, hiebey stehn zu bleiben.
Die Farben sind ja auch einfache Empfindungen mit be-
stimmten Hemmungsgraden zwischen jedem Paare. Sollte
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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/125>, abgerufen am 24.11.2024.
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