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Herbart, Johann Friedrich: Erinnerung an die Göttingische Katastrophe im Jahr 1837. Königsberg, 1842.

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gering bleibt gegen das, was sie längst wa-
ren. Darum ist es gänzlich falsch zu meinen:
voran gehe die Verfassung, hintennach komme
die Universität. Nicht also! Sondern die
Universität braucht ruhige Musse und Lehrfrei-
heit; dass ihr beydes vergönnt bleibe, ist zu
bezweifeln, wo die Universitäten für ein Prin-
cip der Unruhe gehalten werden.



Was erwarteten denn wohl unsre Sieben
nach Ihrem berühmten Schritte von Denjenigen
ihrer Collegen, mit denen sie nicht Rückspra-
che gehalten hatten? Trauten sie ihren Mo-
tiven eine solche Allgemeinheit, ihren Gründen
eine solche Evidenz zu, dass man ihnen unbe-
dingt beystimmen werde? Freylich haben wir
gelesen, "wenn die unterzeichneten Mit-
glieder der Landes-Universität als
Einzelne auftreten, so geschieht es
nicht, weil sie an der Gleichmässigkeit
der Ueberzeugung ihrer Collegen zwei-
feln, sondern weil sie so früh als mög-
lich
" u. s. w. Wer hatte die Herren beauf-
tragt, von Gleichmässigkeit der Ueberzeugun-
gen zu reden? Der nächste Gedanke, auf den
diese Rede führt, ist wohl der: Die Andern
haben bey gleicher Ueberzeugung nicht glei-

gering bleibt gegen das, was sie längst wa-
ren. Darum ist es gänzlich falsch zu meinen:
voran gehe die Verfassung, hintennach komme
die Universität. Nicht also! Sondern die
Universität braucht ruhige Musse und Lehrfrei-
heit; dass ihr beydes vergönnt bleibe, ist zu
bezweifeln, wo die Universitäten für ein Prin-
cip der Unruhe gehalten werden.



Was erwarteten denn wohl unsre Sieben
nach Ihrem berühmten Schritte von Denjenigen
ihrer Collegen, mit denen sie nicht Rückspra-
che gehalten hatten? Trauten sie ihren Mo-
tiven eine solche Allgemeinheit, ihren Gründen
eine solche Evidenz zu, dass man ihnen unbe-
dingt beystimmen werde? Freylich haben wir
gelesen, „wenn die unterzeichneten Mit-
glieder der Landes-Universität als
Einzelne auftreten, so geschieht es
nicht, weil sie an der Gleichmässigkeit
der Ueberzeugung ihrer Collegen zwei-
feln, sondern weil sie so früh als mög-
lich
‟ u. s. w. Wer hatte die Herren beauf-
tragt, von Gleichmässigkeit der Ueberzeugun-
gen zu reden? Der nächste Gedanke, auf den
diese Rede führt, ist wohl der: Die Andern
haben bey gleicher Ueberzeugung nicht glei-

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[34/0038] gering bleibt gegen das, was sie längst wa- ren. Darum ist es gänzlich falsch zu meinen: voran gehe die Verfassung, hintennach komme die Universität. Nicht also! Sondern die Universität braucht ruhige Musse und Lehrfrei- heit; dass ihr beydes vergönnt bleibe, ist zu bezweifeln, wo die Universitäten für ein Prin- cip der Unruhe gehalten werden. Was erwarteten denn wohl unsre Sieben nach Ihrem berühmten Schritte von Denjenigen ihrer Collegen, mit denen sie nicht Rückspra- che gehalten hatten? Trauten sie ihren Mo- tiven eine solche Allgemeinheit, ihren Gründen eine solche Evidenz zu, dass man ihnen unbe- dingt beystimmen werde? Freylich haben wir gelesen, „wenn die unterzeichneten Mit- glieder der Landes-Universität als Einzelne auftreten, so geschieht es nicht, weil sie an der Gleichmässigkeit der Ueberzeugung ihrer Collegen zwei- feln, sondern weil sie so früh als mög- lich‟ u. s. w. Wer hatte die Herren beauf- tragt, von Gleichmässigkeit der Ueberzeugun- gen zu reden? Der nächste Gedanke, auf den diese Rede führt, ist wohl der: Die Andern haben bey gleicher Ueberzeugung nicht glei-

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Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Erinnerung an die Göttingische Katastrophe im Jahr 1837. Königsberg, 1842, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_goettingen_1842/38>, abgerufen am 19.04.2024.