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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787.

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Es fällt uns schwer, bey Betrachtung des
Weltalls Sinn und Verstand in reiner und keu-
scher Verbindung zu bewahren. Die einen las-
sen lediglich und allein nur Verstand gelten, und
ziehen, wo möglich, alle Natur aus: und die
andern halten sich zu sehr an die sinnlichen Vor-
stellungen, und taumeln mit ihrer Einbildungs-
kraft herum in Paradiesen und Höllen. Hohe
Schönheit ist ein Gewächs auf seltnem Boden,
und wird nur Glücklichen zur Beute.

Und glücklich die Gesellschaft, die einen sol-
chen freudenreichen Glauben nach Klima und
Verfassung für ihr Daseyn auf diesem Erdenrund
bekommen hat, oder selbst erwählt! Sey er
auch, um alle zu befriedigen, eine mystische
Komposizion von Weltmonarchie, Aristokratie,
und Demokratie. Ihr werden Männer, die
mit der Natur und dem Volke gelind umgehn,
und sie den Philosophen hold seyn. Warum
sollten wir, wenn das vorige Zeitalter barbarische

Be-
Q 2

Es faͤllt uns ſchwer, bey Betrachtung des
Weltalls Sinn und Verſtand in reiner und keu-
ſcher Verbindung zu bewahren. Die einen laſ-
ſen lediglich und allein nur Verſtand gelten, und
ziehen, wo moͤglich, alle Natur aus: und die
andern halten ſich zu ſehr an die ſinnlichen Vor-
ſtellungen, und taumeln mit ihrer Einbildungs-
kraft herum in Paradieſen und Hoͤllen. Hohe
Schoͤnheit iſt ein Gewaͤchs auf ſeltnem Boden,
und wird nur Gluͤcklichen zur Beute.

Und gluͤcklich die Geſellſchaft, die einen ſol-
chen freudenreichen Glauben nach Klima und
Verfaſſung fuͤr ihr Daſeyn auf dieſem Erdenrund
bekommen hat, oder ſelbſt erwaͤhlt! Sey er
auch, um alle zu befriedigen, eine myſtiſche
Kompoſizion von Weltmonarchie, Ariſtokratie,
und Demokratie. Ihr werden Maͤnner, die
mit der Natur und dem Volke gelind umgehn,
und ſie den Philoſophen hold ſeyn. Warum
ſollten wir, wenn das vorige Zeitalter barbariſche

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Q 2
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[243/0251] Es faͤllt uns ſchwer, bey Betrachtung des Weltalls Sinn und Verſtand in reiner und keu- ſcher Verbindung zu bewahren. Die einen laſ- ſen lediglich und allein nur Verſtand gelten, und ziehen, wo moͤglich, alle Natur aus: und die andern halten ſich zu ſehr an die ſinnlichen Vor- ſtellungen, und taumeln mit ihrer Einbildungs- kraft herum in Paradieſen und Hoͤllen. Hohe Schoͤnheit iſt ein Gewaͤchs auf ſeltnem Boden, und wird nur Gluͤcklichen zur Beute. Und gluͤcklich die Geſellſchaft, die einen ſol- chen freudenreichen Glauben nach Klima und Verfaſſung fuͤr ihr Daſeyn auf dieſem Erdenrund bekommen hat, oder ſelbſt erwaͤhlt! Sey er auch, um alle zu befriedigen, eine myſtiſche Kompoſizion von Weltmonarchie, Ariſtokratie, und Demokratie. Ihr werden Maͤnner, die mit der Natur und dem Volke gelind umgehn, und ſie den Philoſophen hold ſeyn. Warum ſollten wir, wenn das vorige Zeitalter barbariſche Be- Q 2

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Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/251>, abgerufen am 25.11.2024.