[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787.Dürer habe den Nürnberger Goldschmidsjungen Wir hatten bey unserm Leben auf dem Lan- Sei- E 5
Duͤrer habe den Nuͤrnberger Goldſchmidsjungen Wir hatten bey unſerm Leben auf dem Lan- Sei- E 5
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Duͤrer habe den Nuͤrnberger Goldſchmidsjungen
nie voͤllig aus ſich bringen koͤnnen; in ſeinen Ar-
beiten ſey ein Fleiß bis zur Angſt, der ihm nie
weiten Geſichtskreis und Erhabenheit habe gewin-
nen laſſen; und bloß deßwegen haͤtte ihn Michel
Angelo ſo ſehr gehaßt. Seine meiſten Kompoſi-
zionen waͤren Paſſionsgeſchichten, und Hexen
und Teufel. Er als verlorner Sohn am Troge
bey Schweinen, die Trebern freſſen; Proſerpina,
wie ſie Pluto auf einem Bocke hohlt; Diana,
wie ſie eine Nymphe mit dem Knittel bey einem
Satyr pruͤgelt: zeigten genug ſeine mißleitete
Phantaſie. Sonſt ſey er ein wackrer Meiſter,
habe Kraft und Staͤrke; und ein guter Kopf von
richtigem Geſchmack koͤnne viel von ihm lernen.
Wir hatten bey unſerm Leben auf dem Lan-
de uns zum Geſetz gemacht, daß keiner den an-
dern in ſeinem Thun und Laſſen ſtoͤren ſollte; und
alles Beyſammenſeyn war freyer Wille von beiden
Sei-
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Zitationshilfe: | [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/79>, abgerufen am 22.07.2024. |