als eine schreckliche Begebenheit erfolgte, die uns auf lange trennte.
Ueber die Verhältnisse des menschlichen Körpers gingen wir, außer den Vorschriften der beyden großen Florentiner, noch ein Werk durch von dem Teutschen Albrecht Dürer. Er sagte, wenige hätten die Theorie ihrer Kunst wohl so inne gehabt unter allen neuern Mahlern und Bildhauern, als dieser; man fände bey ihm ein erstaunliches Studium: aber zum Hohen und Schönen derselben sey er nicht gelangt, weil Nie- mand aus seiner Nazion und seinem Zeitalter könne. Dieß hange außer dem Innern noch gar zu viel von Glück und Zufall ab. Wir könnten das Lebendige nicht anders nachbilden, als bis wir es entweder selbst gelebt, oder mit unsern Sinnen in ergreiffender Wirklichkeit empfunden hätten. Ohne Perikles und Asspasia, Alkibia- den, Phrynen und ihres gleichen alt und jung: kein Phidias, Praxiteles und Apelles. Albrecht
Dü-
als eine ſchreckliche Begebenheit erfolgte, die uns auf lange trennte.
Ueber die Verhaͤltniſſe des menſchlichen Koͤrpers gingen wir, außer den Vorſchriften der beyden großen Florentiner, noch ein Werk durch von dem Teutſchen Albrecht Duͤrer. Er ſagte, wenige haͤtten die Theorie ihrer Kunſt wohl ſo inne gehabt unter allen neuern Mahlern und Bildhauern, als dieſer; man faͤnde bey ihm ein erſtaunliches Studium: aber zum Hohen und Schoͤnen derſelben ſey er nicht gelangt, weil Nie- mand aus ſeiner Nazion und ſeinem Zeitalter koͤnne. Dieß hange außer dem Innern noch gar zu viel von Gluͤck und Zufall ab. Wir koͤnnten das Lebendige nicht anders nachbilden, als bis wir es entweder ſelbſt gelebt, oder mit unſern Sinnen in ergreiffender Wirklichkeit empfunden haͤtten. Ohne Perikles und Asſpaſia, Alkibia- den, Phrynen und ihres gleichen alt und jung: kein Phidias, Praxiteles und Apelles. Albrecht
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als eine ſchreckliche Begebenheit erfolgte, die uns
auf lange trennte.
Ueber die Verhaͤltniſſe des menſchlichen
Koͤrpers gingen wir, außer den Vorſchriften
der beyden großen Florentiner, noch ein Werk
durch von dem Teutſchen Albrecht Duͤrer. Er
ſagte, wenige haͤtten die Theorie ihrer Kunſt wohl
ſo inne gehabt unter allen neuern Mahlern und
Bildhauern, als dieſer; man faͤnde bey ihm ein
erſtaunliches Studium: aber zum Hohen und
Schoͤnen derſelben ſey er nicht gelangt, weil Nie-
mand aus ſeiner Nazion und ſeinem Zeitalter
koͤnne. Dieß hange außer dem Innern noch gar
zu viel von Gluͤck und Zufall ab. Wir koͤnnten
das Lebendige nicht anders nachbilden, als bis
wir es entweder ſelbſt gelebt, oder mit unſern
Sinnen in ergreiffender Wirklichkeit empfunden
haͤtten. Ohne Perikles und Asſpaſia, Alkibia-
den, Phrynen und ihres gleichen alt und jung:
kein Phidias, Praxiteles und Apelles. Albrecht
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/78>, abgerufen am 16.02.2025.
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