seine Zeitverwandten. Plato beklagt sich im Ge- spräche Kratylos, kurz nachher als die zwey langen Jonischen Vokalen zu Athen, unter dem Archon Euklid, im zweyten Jahre der vier und neunzigsten Olympiade in allgemeinen Gebrauch gekommen waren, daß man das Wort, welches den Tag ausdrückt, nicht mehr Himera wie die Vorfahren ausspreche: sondern entweder He- mera, oder neuerdings emera; und dabey den schönen Ursprung nicht mehr fühle, daß es von Himeros, das Verlangen herkomme; weil man nehmlich in der Nacht und Dunkelheit nach dem Licht und Aufgang der Sonne verlangt.
Aus diesem Beyspiele dürfte man vielleicht schließen, daß die neuern Griechen in manchem zur Aussprache der Aeltern und selbst Homers wie- der zurückkehrten; und daß auch hier, wie sonst in der Welt, alles im Kreise herumgeht.
Am besten ist es, man richtet sich nach der jedesmaligen lebendigen Aussprache, und dem
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ſeine Zeitverwandten. Plato beklagt ſich im Ge- ſpraͤche Kratylos, kurz nachher als die zwey langen Joniſchen Vokalen zu Athen, unter dem Archon Euklid, im zweyten Jahre der vier und neunzigſten Olympiade in allgemeinen Gebrauch gekommen waren, daß man das Wort, welches den Tag ausdruͤckt, nicht mehr Himera wie die Vorfahren ausſpreche: ſondern entweder He- mera, oder neuerdings ἡμέρα; und dabey den ſchoͤnen Urſprung nicht mehr fuͤhle, daß es von Himeros, das Verlangen herkomme; weil man nehmlich in der Nacht und Dunkelheit nach dem Licht und Aufgang der Sonne verlangt.
Aus dieſem Beyſpiele duͤrfte man vielleicht ſchließen, daß die neuern Griechen in manchem zur Ausſprache der Aeltern und ſelbſt Homers wie- der zuruͤckkehrten; und daß auch hier, wie ſonſt in der Welt, alles im Kreiſe herumgeht.
Am beſten iſt es, man richtet ſich nach der jedesmaligen lebendigen Ausſprache, und dem
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[64/0070]
ſeine Zeitverwandten. Plato beklagt ſich im Ge-
ſpraͤche Kratylos, kurz nachher als die zwey
langen Joniſchen Vokalen zu Athen, unter dem
Archon Euklid, im zweyten Jahre der vier und
neunzigſten Olympiade in allgemeinen Gebrauch
gekommen waren, daß man das Wort, welches
den Tag ausdruͤckt, nicht mehr Himera wie die
Vorfahren ausſpreche: ſondern entweder He-
mera, oder neuerdings ἡμέρα; und dabey den
ſchoͤnen Urſprung nicht mehr fuͤhle, daß es von
Himeros, das Verlangen herkomme; weil man
nehmlich in der Nacht und Dunkelheit nach dem
Licht und Aufgang der Sonne verlangt.
Aus dieſem Beyſpiele duͤrfte man vielleicht
ſchließen, daß die neuern Griechen in manchem
zur Ausſprache der Aeltern und ſelbſt Homers wie-
der zuruͤckkehrten; und daß auch hier, wie ſonſt
in der Welt, alles im Kreiſe herumgeht.
Am beſten iſt es, man richtet ſich nach der
jedesmaligen lebendigen Ausſprache, und dem
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/70>, abgerufen am 24.11.2024.
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