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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787.

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verfolgen; welche Kunst kann ihr hohes Leben
sinnlicher in die Seele blitzen? Und eine From-
me, die alle Morgen die schönen himmlischen Fi-
guren an den Wänden im Tempel mit inniger
Freude schaut, kann kein häßliches und böses
Kind gebähren."

"Die Griechen mußten dann doch mehr Le-
ben in der Mahlerey finden, als Bildhauerkunst;
weil sie dieselbe, wo sie am verständigsten waren,
mehr als diese belohnten, und beförderten. Ein
Bild in Stein war ihnen nur Zeichen einzelner
Wahrheit, nehmlich der Form: die Mahlerey
aber Zeichen aller Wahrheit und Wirklichkeit,
und von ungleich größerm Umfange; jenesgleich-
sam nur Dämmerung, Ding im Mondschein:
Gemählde von Apelles, Gestalten wirklicher
Welt in ihrem Tage; und Zeichen bleibt immer
weiter nichts als Zeichen, seys von Stein oder
Farbe. Und eben dieß ist es, warum die Bild-

hauerey
B b

verfolgen; welche Kunſt kann ihr hohes Leben
ſinnlicher in die Seele blitzen? Und eine From-
me, die alle Morgen die ſchoͤnen himmliſchen Fi-
guren an den Waͤnden im Tempel mit inniger
Freude ſchaut, kann kein haͤßliches und boͤſes
Kind gebaͤhren.“

„Die Griechen mußten dann doch mehr Le-
ben in der Mahlerey finden, als Bildhauerkunſt;
weil ſie dieſelbe, wo ſie am verſtaͤndigſten waren,
mehr als dieſe belohnten, und befoͤrderten. Ein
Bild in Stein war ihnen nur Zeichen einzelner
Wahrheit, nehmlich der Form: die Mahlerey
aber Zeichen aller Wahrheit und Wirklichkeit,
und von ungleich groͤßerm Umfange; jenesgleich-
ſam nur Daͤmmerung, Ding im Mondſchein:
Gemaͤhlde von Apelles, Geſtalten wirklicher
Welt in ihrem Tage; und Zeichen bleibt immer
weiter nichts als Zeichen, ſeys von Stein oder
Farbe. Und eben dieß iſt es, warum die Bild-

hauerey
B b
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[385/0391] verfolgen; welche Kunſt kann ihr hohes Leben ſinnlicher in die Seele blitzen? Und eine From- me, die alle Morgen die ſchoͤnen himmliſchen Fi- guren an den Waͤnden im Tempel mit inniger Freude ſchaut, kann kein haͤßliches und boͤſes Kind gebaͤhren.“ „Die Griechen mußten dann doch mehr Le- ben in der Mahlerey finden, als Bildhauerkunſt; weil ſie dieſelbe, wo ſie am verſtaͤndigſten waren, mehr als dieſe belohnten, und befoͤrderten. Ein Bild in Stein war ihnen nur Zeichen einzelner Wahrheit, nehmlich der Form: die Mahlerey aber Zeichen aller Wahrheit und Wirklichkeit, und von ungleich groͤßerm Umfange; jenesgleich- ſam nur Daͤmmerung, Ding im Mondſchein: Gemaͤhlde von Apelles, Geſtalten wirklicher Welt in ihrem Tage; und Zeichen bleibt immer weiter nichts als Zeichen, ſeys von Stein oder Farbe. Und eben dieß iſt es, warum die Bild- hauerey B b

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Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/391>, abgerufen am 22.11.2024.