Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Schönheit giebt der Seele das lauterste Gefühl ihres
Daseyns. Schönheit ist die freyeste Wohnung
der Seele. Schönheit erinnert die Seele an
ihre Gottheit, an ihre Schöpfungskraft, und
daß sie über alle die Körperwelt, die sie umgiebt,
ewig erhaben ist. Im Anfang macht ihr dieß
Freude, aber endlich Pein; sie sieht sich gefan-
gen, und daß sie nicht mehr ist, was sie war: und
die Thränen rinnen über ihren nichtigen gegenwär-
tigen Zustand. Doch stärkt sie wieder ihre ewige Na-
tur, und die süße himmlische Hofnung regt ihre Fitti-
ge, daß sie doch bald aus dieser Dunkelheit, aus diesem
Wahne von Irrgestalten sich erheben werde in das
Licht zu den Schaaren der seeligen Geister, wo we-
der Frost noch Hitze abwechseln, und alles ist in
seiner mannigfaltigen Wahrheit und ursprüngli-
chen Schönheit."

"Nicht gebohren werden, übertrift alle irr-
dische Glückseeligkeit; und wenn du da seyn wirst:
so ist, je geschwinder, je besser, wieder dahin

zu

Schoͤnheit giebt der Seele das lauterſte Gefuͤhl ihres
Daſeyns. Schoͤnheit iſt die freyeſte Wohnung
der Seele. Schoͤnheit erinnert die Seele an
ihre Gottheit, an ihre Schoͤpfungskraft, und
daß ſie uͤber alle die Koͤrperwelt, die ſie umgiebt,
ewig erhaben iſt. Im Anfang macht ihr dieß
Freude, aber endlich Pein; ſie ſieht ſich gefan-
gen, und daß ſie nicht mehr iſt, was ſie war: und
die Thraͤnen rinnen uͤber ihren nichtigen gegenwaͤr-
tigen Zuſtand. Doch ſtaͤrkt ſie wieder ihre ewige Na-
tur, und die ſuͤße himmliſche Hofnung regt ihre Fitti-
ge, daß ſie doch bald aus dieſer Dunkelheit, aus dieſem
Wahne von Irrgeſtalten ſich erheben werde in das
Licht zu den Schaaren der ſeeligen Geiſter, wo we-
der Froſt noch Hitze abwechſeln, und alles iſt in
ſeiner mannigfaltigen Wahrheit und urſpruͤngli-
chen Schoͤnheit.“

„Nicht gebohren werden, uͤbertrift alle irr-
diſche Gluͤckſeeligkeit; und wenn du da ſeyn wirſt:
ſo iſt, je geſchwinder, je beſſer, wieder dahin

zu
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0373" n="367"/>
Scho&#x0364;nheit giebt der Seele das lauter&#x017F;te Gefu&#x0364;hl ihres<lb/>
Da&#x017F;eyns. Scho&#x0364;nheit i&#x017F;t die freye&#x017F;te Wohnung<lb/>
der Seele. Scho&#x0364;nheit erinnert die Seele an<lb/>
ihre Gottheit, an ihre Scho&#x0364;pfungskraft, und<lb/>
daß &#x017F;ie u&#x0364;ber alle die Ko&#x0364;rperwelt, die &#x017F;ie umgiebt,<lb/>
ewig erhaben i&#x017F;t. Im Anfang macht ihr dieß<lb/>
Freude, aber endlich Pein; &#x017F;ie &#x017F;ieht &#x017F;ich gefan-<lb/>
gen, und daß &#x017F;ie nicht mehr i&#x017F;t, was &#x017F;ie war: und<lb/>
die Thra&#x0364;nen rinnen u&#x0364;ber ihren nichtigen gegenwa&#x0364;r-<lb/>
tigen Zu&#x017F;tand. Doch &#x017F;ta&#x0364;rkt &#x017F;ie wieder ihre ewige Na-<lb/>
tur, und die &#x017F;u&#x0364;ße himmli&#x017F;che Hofnung regt ihre Fitti-<lb/>
ge, daß &#x017F;ie doch bald aus die&#x017F;er Dunkelheit, aus die&#x017F;em<lb/>
Wahne von Irrge&#x017F;talten &#x017F;ich erheben werde in das<lb/>
Licht zu den Schaaren der &#x017F;eeligen Gei&#x017F;ter, wo we-<lb/>
der Fro&#x017F;t noch Hitze abwech&#x017F;eln, und alles i&#x017F;t in<lb/>
&#x017F;einer mannigfaltigen Wahrheit und ur&#x017F;pru&#x0364;ngli-<lb/>
chen Scho&#x0364;nheit.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nicht gebohren werden, u&#x0364;bertrift alle irr-<lb/>
di&#x017F;che Glu&#x0364;ck&#x017F;eeligkeit; und wenn du da &#x017F;eyn wir&#x017F;t:<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t, je ge&#x017F;chwinder, je be&#x017F;&#x017F;er, wieder dahin<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zu</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[367/0373] Schoͤnheit giebt der Seele das lauterſte Gefuͤhl ihres Daſeyns. Schoͤnheit iſt die freyeſte Wohnung der Seele. Schoͤnheit erinnert die Seele an ihre Gottheit, an ihre Schoͤpfungskraft, und daß ſie uͤber alle die Koͤrperwelt, die ſie umgiebt, ewig erhaben iſt. Im Anfang macht ihr dieß Freude, aber endlich Pein; ſie ſieht ſich gefan- gen, und daß ſie nicht mehr iſt, was ſie war: und die Thraͤnen rinnen uͤber ihren nichtigen gegenwaͤr- tigen Zuſtand. Doch ſtaͤrkt ſie wieder ihre ewige Na- tur, und die ſuͤße himmliſche Hofnung regt ihre Fitti- ge, daß ſie doch bald aus dieſer Dunkelheit, aus dieſem Wahne von Irrgeſtalten ſich erheben werde in das Licht zu den Schaaren der ſeeligen Geiſter, wo we- der Froſt noch Hitze abwechſeln, und alles iſt in ſeiner mannigfaltigen Wahrheit und urſpruͤngli- chen Schoͤnheit.“ „Nicht gebohren werden, uͤbertrift alle irr- diſche Gluͤckſeeligkeit; und wenn du da ſeyn wirſt: ſo iſt, je geſchwinder, je beſſer, wieder dahin zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/373
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/373>, abgerufen am 23.11.2024.