und weil es dort viel Mahler giebt, worunter man sich leicht verstecken kann; hier sind deren kaum ein Paar. Auch kam ich bey euch in kei- ne so vornehme öffentliche Gesellschaften. In- zwischen hab ich keinen Schaden davon, sondern Vortheile; man schätzt mich desto mehr, und ich habe, wo ich will, freyen Zutritt.
Vor dem Tyrannen von Toskana fürcht ich mich nun wenig mehr; meine Tante meldet mir, daß es übel mit ihm aussieht. Er hat durch seine Ausschweifungen schon längst seine Gesundheit zu Grunde gerichtet, und bey der Kamilla Martella die Neige seiner Kräfte vollends so abgezapft, daß ihm die Zunge steif geworden ist und verdorrt, und er nicht mehr sprechen kann. Alles dieß ist buchstäblich wahr, und so unklug wirthschaftete kein Tiberius auf der Insel Capri, und kein Nero in beyderley Gestalt; die noch immer wußten, wenn sie für sich auf- hören sollten. Ein neuer Heppokrates von Maa-
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und weil es dort viel Mahler giebt, worunter man ſich leicht verſtecken kann; hier ſind deren kaum ein Paar. Auch kam ich bey euch in kei- ne ſo vornehme oͤffentliche Geſellſchaften. In- zwiſchen hab ich keinen Schaden davon, ſondern Vortheile; man ſchaͤtzt mich deſto mehr, und ich habe, wo ich will, freyen Zutritt.
Vor dem Tyrannen von Toskana fuͤrcht ich mich nun wenig mehr; meine Tante meldet mir, daß es uͤbel mit ihm ausſieht. Er hat durch ſeine Ausſchweifungen ſchon laͤngſt ſeine Geſundheit zu Grunde gerichtet, und bey der Kamilla Martella die Neige ſeiner Kraͤfte vollends ſo abgezapft, daß ihm die Zunge ſteif geworden iſt und verdorrt, und er nicht mehr ſprechen kann. Alles dieß iſt buchſtaͤblich wahr, und ſo unklug wirthſchaftete kein Tiberius auf der Inſel Capri, und kein Nero in beyderley Geſtalt; die noch immer wußten, wenn ſie fuͤr ſich auf- hoͤren ſollten. Ein neuer Heppokrates von Maa-
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und weil es dort viel Mahler giebt, worunter
man ſich leicht verſtecken kann; hier ſind deren
kaum ein Paar. Auch kam ich bey euch in kei-
ne ſo vornehme oͤffentliche Geſellſchaften. In-
zwiſchen hab ich keinen Schaden davon, ſondern
Vortheile; man ſchaͤtzt mich deſto mehr, und ich
habe, wo ich will, freyen Zutritt.
Vor dem Tyrannen von Toskana fuͤrcht
ich mich nun wenig mehr; meine Tante meldet
mir, daß es uͤbel mit ihm ausſieht. Er hat
durch ſeine Ausſchweifungen ſchon laͤngſt ſeine
Geſundheit zu Grunde gerichtet, und bey der
Kamilla Martella die Neige ſeiner Kraͤfte
vollends ſo abgezapft, daß ihm die Zunge ſteif
geworden iſt und verdorrt, und er nicht mehr
ſprechen kann. Alles dieß iſt buchſtaͤblich wahr,
und ſo unklug wirthſchaftete kein Tiberius auf der
Inſel Capri, und kein Nero in beyderley Geſtalt;
die noch immer wußten, wenn ſie fuͤr ſich auf-
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/263>, abgerufen am 22.11.2024.
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