Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

rer, die gegen ihn gewettet hatten. Kurz, er
gewann den Preis, jedoch mit Noht; und ward
hernach erst unbändig.

Nach dem Wettrennen war Komödie, und nach
der Komödie der nächtliche Schmaus. Gegen
Ende desselben, als Wein und Gespräch die Le-
bensgeister in stärkre Wallung gebracht hatten:
fing Boccadoro an sein Saitenspiel zu rühren.
Es entstand eine allgemeine Stille: und die Tö-
ne seiner Griffe waren wie ein leises Flüstern am
heißen Mittag in kühlen Wäldern von den See-
lüften. Sein Geist taumelte darauf durch die
alten Zeiten der griechischen Heroen; und er
sang die Hochzeit des Peleus und der Thetis:
schmückte die Fabel aus mit lieblichen Worten, und
ging davon auf die Gegenwart über, schilderte
den Bräutigam als einen neuen Peleus, eben so
von den Göttern beglückt, und seine Braut als
die jüngre Thetis.

Auf
M 4

rer, die gegen ihn gewettet hatten. Kurz, er
gewann den Preis, jedoch mit Noht; und ward
hernach erſt unbaͤndig.

Nach dem Wettrennen war Komoͤdie, und nach
der Komoͤdie der naͤchtliche Schmaus. Gegen
Ende deſſelben, als Wein und Geſpraͤch die Le-
bensgeiſter in ſtaͤrkre Wallung gebracht hatten:
fing Boccadoro an ſein Saitenſpiel zu ruͤhren.
Es entſtand eine allgemeine Stille: und die Toͤ-
ne ſeiner Griffe waren wie ein leiſes Fluͤſtern am
heißen Mittag in kuͤhlen Waͤldern von den See-
luͤften. Sein Geiſt taumelte darauf durch die
alten Zeiten der griechiſchen Heroen; und er
ſang die Hochzeit des Peleus und der Thetis:
ſchmuͤckte die Fabel aus mit lieblichen Worten, und
ging davon auf die Gegenwart uͤber, ſchilderte
den Braͤutigam als einen neuen Peleus, eben ſo
von den Goͤttern begluͤckt, und ſeine Braut als
die juͤngre Thetis.

Auf
M 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0189" n="183"/>
rer, die gegen ihn gewettet hatten. Kurz, er<lb/>
gewann den Preis, jedoch mit Noht; und ward<lb/>
hernach er&#x017F;t unba&#x0364;ndig.</p><lb/>
        <p>Nach dem Wettrennen war Komo&#x0364;die, und nach<lb/>
der Komo&#x0364;die der na&#x0364;chtliche Schmaus. Gegen<lb/>
Ende de&#x017F;&#x017F;elben, als Wein und Ge&#x017F;pra&#x0364;ch die Le-<lb/>
bensgei&#x017F;ter in &#x017F;ta&#x0364;rkre Wallung gebracht hatten:<lb/>
fing Boccadoro an &#x017F;ein Saiten&#x017F;piel zu ru&#x0364;hren.<lb/>
Es ent&#x017F;tand eine allgemeine Stille: und die To&#x0364;-<lb/>
ne &#x017F;einer Griffe waren wie ein lei&#x017F;es Flu&#x0364;&#x017F;tern am<lb/>
heißen Mittag in ku&#x0364;hlen Wa&#x0364;ldern von den See-<lb/>
lu&#x0364;ften. Sein Gei&#x017F;t taumelte darauf durch die<lb/>
alten Zeiten der griechi&#x017F;chen Heroen; und er<lb/>
&#x017F;ang die Hochzeit des Peleus und der Thetis:<lb/>
&#x017F;chmu&#x0364;ckte die Fabel aus mit lieblichen Worten, und<lb/>
ging davon auf die Gegenwart u&#x0364;ber, &#x017F;childerte<lb/>
den Bra&#x0364;utigam als einen neuen Peleus, eben &#x017F;o<lb/>
von den Go&#x0364;ttern beglu&#x0364;ckt, und &#x017F;eine Braut als<lb/>
die ju&#x0364;ngre Thetis.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">M 4</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Auf</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0189] rer, die gegen ihn gewettet hatten. Kurz, er gewann den Preis, jedoch mit Noht; und ward hernach erſt unbaͤndig. Nach dem Wettrennen war Komoͤdie, und nach der Komoͤdie der naͤchtliche Schmaus. Gegen Ende deſſelben, als Wein und Geſpraͤch die Le- bensgeiſter in ſtaͤrkre Wallung gebracht hatten: fing Boccadoro an ſein Saitenſpiel zu ruͤhren. Es entſtand eine allgemeine Stille: und die Toͤ- ne ſeiner Griffe waren wie ein leiſes Fluͤſtern am heißen Mittag in kuͤhlen Waͤldern von den See- luͤften. Sein Geiſt taumelte darauf durch die alten Zeiten der griechiſchen Heroen; und er ſang die Hochzeit des Peleus und der Thetis: ſchmuͤckte die Fabel aus mit lieblichen Worten, und ging davon auf die Gegenwart uͤber, ſchilderte den Braͤutigam als einen neuen Peleus, eben ſo von den Goͤttern begluͤckt, und ſeine Braut als die juͤngre Thetis. Auf M 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/189
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/189>, abgerufen am 22.11.2024.