Heine, Heinrich. Deutschland. Ein Wintermährchen. In: Ders.: Neue Gedichte, 1. Auflage. Hamburg, 1844.Mein Gott, o Göttin! - rief ich entzückt - Das wäre mein größtes Vergnügen, Laß mich das künftige Deutschland sehn - Ich bin ein Mann und verschwiegen. Ich will dir schwören jeden Eid, Den du nur magst begehren, Mein Schweigen zu verbürgen dir - Sag an, wie soll ich schwören? Doch jene erwiederte: "Schwöre mir In Vater Abrahams Weise, Wie er Eliesern schwören ließ, Als dieser sich gab auf die Reise. "Heb' auf das Gewand und lege die Hand Hier unten an meine Hüften, Und schwöre mir Verschwiegenheit In Reden und in Schriften!" Mein Gott, o Göttin! – rief ich entzückt – Das wäre mein größtes Vergnügen, Laß mich das künftige Deutschland sehn – Ich bin ein Mann und verschwiegen. Ich will dir schwören jeden Eid, Den du nur magst begehren, Mein Schweigen zu verbürgen dir – Sag an, wie soll ich schwören? Doch jene erwiederte: „Schwöre mir In Vater Abrahams Weise, Wie er Eliesern schwören ließ, Als dieser sich gab auf die Reise. „Heb’ auf das Gewand und lege die Hand Hier unten an meine Hüften, Und schwöre mir Verschwiegenheit In Reden und in Schriften!“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0131" n="407"/> <lg type="poem"> <lg> <l>Mein Gott, o Göttin! – rief ich entzückt –</l><lb/> <l>Das wäre mein größtes Vergnügen,</l><lb/> <l>Laß mich das künftige Deutschland sehn –</l><lb/> <l>Ich bin ein Mann und verschwiegen.</l><lb/> </lg> <lg> <l>Ich will dir schwören jeden Eid,</l><lb/> <l>Den du nur magst begehren,</l><lb/> <l>Mein Schweigen zu verbürgen dir –</l><lb/> <l>Sag an, wie soll ich schwören?</l><lb/> </lg> <lg> <l>Doch jene erwiederte: „Schwöre mir</l><lb/> <l>In Vater Abrahams Weise,</l><lb/> <l>Wie er Eliesern schwören ließ,</l><lb/> <l>Als dieser sich gab auf die Reise.</l><lb/> </lg> <lg> <l>„Heb’ auf das Gewand und lege die Hand</l><lb/> <l>Hier unten an meine Hüften,</l><lb/> <l>Und schwöre mir Verschwiegenheit</l><lb/> <l>In Reden und in Schriften!“</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [407/0131]
Mein Gott, o Göttin! – rief ich entzückt –
Das wäre mein größtes Vergnügen,
Laß mich das künftige Deutschland sehn –
Ich bin ein Mann und verschwiegen.
Ich will dir schwören jeden Eid,
Den du nur magst begehren,
Mein Schweigen zu verbürgen dir –
Sag an, wie soll ich schwören?
Doch jene erwiederte: „Schwöre mir
In Vater Abrahams Weise,
Wie er Eliesern schwören ließ,
Als dieser sich gab auf die Reise.
„Heb’ auf das Gewand und lege die Hand
Hier unten an meine Hüften,
Und schwöre mir Verschwiegenheit
In Reden und in Schriften!“
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