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Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831.

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rinnen einen Menschen in einen Esel verwan¬
deln.

Auf der Piazza vor dem Dome manoeuvrirte
eine Menge Militär, beynah ganz östreichisch uni¬
formirt und nach deutschem Commando. Wenig¬
stens hörte ich die deutschen Worte: Präsentirts
Gewehr! Fuß Gewehr! Schulters Gewehr!
Rechtsum! Halt! Ich glaube bey allen Italie¬
nern, wie noch bey einigen andern europäischen
Völkern, wird auf Deutsch kommandirt. Sollen
wir Deutschen uns etwas darauf zu Gute thun?
Haben wir in der Welt so viel zu befehlen, daß
das Deutsche sogar die Sprache Befehlens
geworden? Oder wird uns so viel befohlen, daß
der Gehorsam am besten die deutsche Sprache
versteht?

Mylady scheint von Paraden und Revüen keine
Freundinn zu seyn. Sie zog uns mit ironischer
Furchtsamkeit von dannen. Ich liebe nicht, sprach
sie, die Nähe von solchen Menschen mit Säbeln

rinnen einen Menſchen in einen Eſel verwan¬
deln.

Auf der Piazza vor dem Dome manoeuvrirte
eine Menge Militaͤr, beynah ganz oͤſtreichiſch uni¬
formirt und nach deutſchem Commando. Wenig¬
ſtens hoͤrte ich die deutſchen Worte: Praͤſentirts
Gewehr! Fuß Gewehr! Schulters Gewehr!
Rechtsum! Halt! Ich glaube bey allen Italie¬
nern, wie noch bey einigen andern europaͤiſchen
Voͤlkern, wird auf Deutſch kommandirt. Sollen
wir Deutſchen uns etwas darauf zu Gute thun?
Haben wir in der Welt ſo viel zu befehlen, daß
das Deutſche ſogar die Sprache Befehlens
geworden? Oder wird uns ſo viel befohlen, daß
der Gehorſam am beſten die deutſche Sprache
verſteht?

Mylady ſcheint von Paraden und Revuͤen keine
Freundinn zu ſeyn. Sie zog uns mit ironiſcher
Furchtſamkeit von dannen. Ich liebe nicht, ſprach
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[74/0088] rinnen einen Menſchen in einen Eſel verwan¬ deln. Auf der Piazza vor dem Dome manoeuvrirte eine Menge Militaͤr, beynah ganz oͤſtreichiſch uni¬ formirt und nach deutſchem Commando. Wenig¬ ſtens hoͤrte ich die deutſchen Worte: Praͤſentirts Gewehr! Fuß Gewehr! Schulters Gewehr! Rechtsum! Halt! Ich glaube bey allen Italie¬ nern, wie noch bey einigen andern europaͤiſchen Voͤlkern, wird auf Deutſch kommandirt. Sollen wir Deutſchen uns etwas darauf zu Gute thun? Haben wir in der Welt ſo viel zu befehlen, daß das Deutſche ſogar die Sprache Befehlens geworden? Oder wird uns ſo viel befohlen, daß der Gehorſam am beſten die deutſche Sprache verſteht? Mylady ſcheint von Paraden und Revuͤen keine Freundinn zu ſeyn. Sie zog uns mit ironiſcher Furchtſamkeit von dannen. Ich liebe nicht, ſprach ſie, die Naͤhe von ſolchen Menſchen mit Saͤbeln

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/88>, abgerufen am 21.11.2024.