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Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831.

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"Lord King bemerkte, daß wenn auch Eng¬
land blühend und glücklich genannt werden könne,
so befänden sich doch sechs Millionen Katholiken
in einem ganz andern Zustande, jenseits des ir¬
ländischen Canals, und die dortige schlechte Re¬
gierung sey eine Schande für unser Zeitalter und
für alle Britten. Die ganze Welt, sagte er, ist
jetzt zu vernünftig, um Regierungen zu entschuldi¬
gen, welche ihre Unterthanen wegen Religionsdif¬
ferenzen bedrücken oder irgend eines Rechtes berau¬
ben. Irland und die Türkei könnte man als die
einzigen Länder Europa's bezeichnen, wo ganze
Menschenclassen ihres Glaubens wegen unterdrückt
und gekränkt werden. Der Großsultan hat sich
bemüht, die Griechen zu bekehren, in derselben
Weise wie das englische Gouvernement die Bekeh¬
rung der irländischen Katholiken betrieben, aber
ohne Erfolg. Wenn die unglücklichen Griechen
über ihre Leiden klagten, und demüthigst baten,
ein Bischen besser als mahomedanische Hunde be¬

„Lord King bemerkte, daß wenn auch Eng¬
land bluͤhend und gluͤcklich genannt werden koͤnne,
ſo befaͤnden ſich doch ſechs Millionen Katholiken
in einem ganz andern Zuſtande, jenſeits des ir¬
laͤndiſchen Canals, und die dortige ſchlechte Re¬
gierung ſey eine Schande fuͤr unſer Zeitalter und
fuͤr alle Britten. Die ganze Welt, ſagte er, iſt
jetzt zu vernuͤnftig, um Regierungen zu entſchuldi¬
gen, welche ihre Unterthanen wegen Religionsdif¬
ferenzen bedruͤcken oder irgend eines Rechtes berau¬
ben. Irland und die Tuͤrkei koͤnnte man als die
einzigen Laͤnder Europa's bezeichnen, wo ganze
Menſchenclaſſen ihres Glaubens wegen unterdruͤckt
und gekraͤnkt werden. Der Großſultan hat ſich
bemuͤht, die Griechen zu bekehren, in derſelben
Weiſe wie das engliſche Gouvernement die Bekeh¬
rung der irlaͤndiſchen Katholiken betrieben, aber
ohne Erfolg. Wenn die ungluͤcklichen Griechen
uͤber ihre Leiden klagten, und demuͤthigſt baten,
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[279/0293] „Lord King bemerkte, daß wenn auch Eng¬ land bluͤhend und gluͤcklich genannt werden koͤnne, ſo befaͤnden ſich doch ſechs Millionen Katholiken in einem ganz andern Zuſtande, jenſeits des ir¬ laͤndiſchen Canals, und die dortige ſchlechte Re¬ gierung ſey eine Schande fuͤr unſer Zeitalter und fuͤr alle Britten. Die ganze Welt, ſagte er, iſt jetzt zu vernuͤnftig, um Regierungen zu entſchuldi¬ gen, welche ihre Unterthanen wegen Religionsdif¬ ferenzen bedruͤcken oder irgend eines Rechtes berau¬ ben. Irland und die Tuͤrkei koͤnnte man als die einzigen Laͤnder Europa's bezeichnen, wo ganze Menſchenclaſſen ihres Glaubens wegen unterdruͤckt und gekraͤnkt werden. Der Großſultan hat ſich bemuͤht, die Griechen zu bekehren, in derſelben Weiſe wie das engliſche Gouvernement die Bekeh¬ rung der irlaͤndiſchen Katholiken betrieben, aber ohne Erfolg. Wenn die ungluͤcklichen Griechen uͤber ihre Leiden klagten, und demuͤthigſt baten, ein Bischen beſſer als mahomedaniſche Hunde be¬

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/293>, abgerufen am 08.05.2024.