Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

Fühlen hat, von den Wahrheiten, die er eben
vernommen, so unwiderstehlich, wie von seiner
eigenen Existenz, überzeugt ist, so daß Brougham,
wollte er hier stehen bleiben, schon unbedingt als
der größte Logiker der St. Stephanskapelle gelten
könnte. Die geistigen Hülfsquellen des Mannes
sind wirklich bewunderungswürdig, und er erinnert
fast an das altnordische Mährchen, wo einer im¬
mer die ersten Meister in jedem Fache des Wissens
getödtet hat und dadurch der Alleinerbe ihrer
sämmtlichen Geistesfähigkeiten geworden ist. Der
Gegenstand mag seyn wie er will, erhaben oder
gemeinplätzig, abstruse oder praktisch, so kennt ihn
dennoch Heinrich Brougham, und er kennt ihn
ganz aus dem Grunde. Andre mögen mit ihm
wetteifern, ja einer oder der andre mag ihn sogar
übertreffen in der Kenntniß äußerer Schönheiten
der alten Literatur, aber niemand ist tiefer als er
durchdrungen von der herrlichen und glühenden
Philosophie, die gewiß als ein kostbarster Edelstein

17

Fuͤhlen hat, von den Wahrheiten, die er eben
vernommen, ſo unwiderſtehlich, wie von ſeiner
eigenen Exiſtenz, uͤberzeugt iſt, ſo daß Brougham,
wollte er hier ſtehen bleiben, ſchon unbedingt als
der groͤßte Logiker der St. Stephanskapelle gelten
koͤnnte. Die geiſtigen Huͤlfsquellen des Mannes
ſind wirklich bewunderungswuͤrdig, und er erinnert
faſt an das altnordiſche Maͤhrchen, wo einer im¬
mer die erſten Meiſter in jedem Fache des Wiſſens
getoͤdtet hat und dadurch der Alleinerbe ihrer
ſaͤmmtlichen Geiſtesfaͤhigkeiten geworden iſt. Der
Gegenſtand mag ſeyn wie er will, erhaben oder
gemeinplaͤtzig, abſtruſe oder praktiſch, ſo kennt ihn
dennoch Heinrich Brougham, und er kennt ihn
ganz aus dem Grunde. Andre moͤgen mit ihm
wetteifern, ja einer oder der andre mag ihn ſogar
uͤbertreffen in der Kenntniß aͤußerer Schoͤnheiten
der alten Literatur, aber niemand iſt tiefer als er
durchdrungen von der herrlichen und gluͤhenden
Philoſophie, die gewiß als ein koſtbarſter Edelſtein

17
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0271" n="257"/>
Fu&#x0364;hlen hat, von den Wahrheiten, die er eben<lb/>
vernommen, &#x017F;o unwider&#x017F;tehlich, wie von &#x017F;einer<lb/>
eigenen Exi&#x017F;tenz, u&#x0364;berzeugt i&#x017F;t, &#x017F;o daß Brougham,<lb/>
wollte er hier &#x017F;tehen bleiben, &#x017F;chon unbedingt als<lb/>
der gro&#x0364;ßte Logiker der St. Stephanskapelle gelten<lb/>
ko&#x0364;nnte. Die gei&#x017F;tigen Hu&#x0364;lfsquellen des Mannes<lb/>
&#x017F;ind wirklich bewunderungswu&#x0364;rdig, und er erinnert<lb/>
fa&#x017F;t an das altnordi&#x017F;che Ma&#x0364;hrchen, wo einer im¬<lb/>
mer die er&#x017F;ten Mei&#x017F;ter in jedem Fache des Wi&#x017F;&#x017F;ens<lb/>
geto&#x0364;dtet hat und dadurch der Alleinerbe ihrer<lb/>
&#x017F;a&#x0364;mmtlichen Gei&#x017F;tesfa&#x0364;higkeiten geworden i&#x017F;t. Der<lb/>
Gegen&#x017F;tand mag &#x017F;eyn wie er will, erhaben oder<lb/>
gemeinpla&#x0364;tzig, ab&#x017F;tru&#x017F;e oder prakti&#x017F;ch, &#x017F;o kennt ihn<lb/>
dennoch Heinrich Brougham, und er kennt ihn<lb/>
ganz aus dem Grunde. Andre mo&#x0364;gen mit ihm<lb/>
wetteifern, ja einer oder der andre mag ihn &#x017F;ogar<lb/>
u&#x0364;bertreffen in der Kenntniß a&#x0364;ußerer Scho&#x0364;nheiten<lb/>
der alten Literatur, aber niemand i&#x017F;t tiefer als er<lb/>
durchdrungen von der herrlichen und glu&#x0364;henden<lb/>
Philo&#x017F;ophie, die gewiß als ein ko&#x017F;tbar&#x017F;ter Edel&#x017F;tein<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">17<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[257/0271] Fuͤhlen hat, von den Wahrheiten, die er eben vernommen, ſo unwiderſtehlich, wie von ſeiner eigenen Exiſtenz, uͤberzeugt iſt, ſo daß Brougham, wollte er hier ſtehen bleiben, ſchon unbedingt als der groͤßte Logiker der St. Stephanskapelle gelten koͤnnte. Die geiſtigen Huͤlfsquellen des Mannes ſind wirklich bewunderungswuͤrdig, und er erinnert faſt an das altnordiſche Maͤhrchen, wo einer im¬ mer die erſten Meiſter in jedem Fache des Wiſſens getoͤdtet hat und dadurch der Alleinerbe ihrer ſaͤmmtlichen Geiſtesfaͤhigkeiten geworden iſt. Der Gegenſtand mag ſeyn wie er will, erhaben oder gemeinplaͤtzig, abſtruſe oder praktiſch, ſo kennt ihn dennoch Heinrich Brougham, und er kennt ihn ganz aus dem Grunde. Andre moͤgen mit ihm wetteifern, ja einer oder der andre mag ihn ſogar uͤbertreffen in der Kenntniß aͤußerer Schoͤnheiten der alten Literatur, aber niemand iſt tiefer als er durchdrungen von der herrlichen und gluͤhenden Philoſophie, die gewiß als ein koſtbarſter Edelſtein 17

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/271
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/271>, abgerufen am 28.11.2024.