bald, daß bey ihm jeder Satz in Form und Gehalt weiter reicht, als die ganze Rede mancher anderen Leute -- kommen sehr kalt und unsicher hervor, und überhaupt so entfernt von der eigent¬ lichen Streitfrage, daß man nicht begreifen kann, wie er sie darauf hinbiegen wird. Jeder dieser Sätze, freylich, ist tief, klar, an und für sich selbst befriedigend, sichtbar mit künstlicher Wahl aus den gewähltesten Materialien deduzirt, und mögen sie kommen aus welchem Fache des Wis¬ sens es immerhin seyn mag, so enthalten sie doch dessen reinste Essenz. Man fühlt, daß sie alle nach einer bestimmten Richtung hingebogen wer¬ den, und zwar hingebogen mit einer starken Kraft; aber diese Kraft ist noch immer unsichtbar wie der Wind, und wie von diesem, weiß man nicht wo¬ her sie kommt und wohin sie geht.
Wenn aber eine hinreichende Anzahl von die¬ sen Anfangssätzen vorausgeschickt sind, wenn jeder Hülfssatz, den menschliche Wissenschaft zur Fest¬
bald, daß bey ihm jeder Satz in Form und Gehalt weiter reicht, als die ganze Rede mancher anderen Leute — kommen ſehr kalt und unſicher hervor, und uͤberhaupt ſo entfernt von der eigent¬ lichen Streitfrage, daß man nicht begreifen kann, wie er ſie darauf hinbiegen wird. Jeder dieſer Saͤtze, freylich, iſt tief, klar, an und fuͤr ſich ſelbſt befriedigend, ſichtbar mit kuͤnſtlicher Wahl aus den gewaͤhlteſten Materialien deduzirt, und moͤgen ſie kommen aus welchem Fache des Wiſ¬ ſens es immerhin ſeyn mag, ſo enthalten ſie doch deſſen reinſte Eſſenz. Man fuͤhlt, daß ſie alle nach einer beſtimmten Richtung hingebogen wer¬ den, und zwar hingebogen mit einer ſtarken Kraft; aber dieſe Kraft iſt noch immer unſichtbar wie der Wind, und wie von dieſem, weiß man nicht wo¬ her ſie kommt und wohin ſie geht.
Wenn aber eine hinreichende Anzahl von die¬ ſen Anfangsſaͤtzen vorausgeſchickt ſind, wenn jeder Huͤlfsſatz, den menſchliche Wiſſenſchaft zur Feſt¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0269"n="255"/>
bald, daß bey ihm jeder Satz in Form und<lb/>
Gehalt weiter reicht, als die ganze Rede mancher<lb/>
anderen Leute — kommen ſehr kalt und unſicher<lb/>
hervor, und uͤberhaupt ſo entfernt von der eigent¬<lb/>
lichen Streitfrage, daß man nicht begreifen kann,<lb/>
wie er ſie darauf hinbiegen wird. Jeder dieſer<lb/>
Saͤtze, freylich, iſt tief, klar, an und fuͤr ſich<lb/>ſelbſt befriedigend, ſichtbar mit kuͤnſtlicher Wahl<lb/>
aus den gewaͤhlteſten Materialien deduzirt, und<lb/>
moͤgen ſie kommen aus welchem Fache des Wiſ¬<lb/>ſens es immerhin ſeyn mag, ſo enthalten ſie doch<lb/>
deſſen reinſte Eſſenz. Man fuͤhlt, daß ſie alle<lb/>
nach einer beſtimmten Richtung hingebogen wer¬<lb/>
den, und zwar hingebogen mit einer ſtarken Kraft;<lb/>
aber dieſe Kraft iſt noch immer unſichtbar wie der<lb/>
Wind, und wie von dieſem, weiß man nicht wo¬<lb/>
her ſie kommt und wohin ſie geht.</p><lb/><p>Wenn aber eine hinreichende Anzahl von die¬<lb/>ſen Anfangsſaͤtzen vorausgeſchickt ſind, wenn jeder<lb/>
Huͤlfsſatz, den menſchliche Wiſſenſchaft zur Feſt¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[255/0269]
bald, daß bey ihm jeder Satz in Form und
Gehalt weiter reicht, als die ganze Rede mancher
anderen Leute — kommen ſehr kalt und unſicher
hervor, und uͤberhaupt ſo entfernt von der eigent¬
lichen Streitfrage, daß man nicht begreifen kann,
wie er ſie darauf hinbiegen wird. Jeder dieſer
Saͤtze, freylich, iſt tief, klar, an und fuͤr ſich
ſelbſt befriedigend, ſichtbar mit kuͤnſtlicher Wahl
aus den gewaͤhlteſten Materialien deduzirt, und
moͤgen ſie kommen aus welchem Fache des Wiſ¬
ſens es immerhin ſeyn mag, ſo enthalten ſie doch
deſſen reinſte Eſſenz. Man fuͤhlt, daß ſie alle
nach einer beſtimmten Richtung hingebogen wer¬
den, und zwar hingebogen mit einer ſtarken Kraft;
aber dieſe Kraft iſt noch immer unſichtbar wie der
Wind, und wie von dieſem, weiß man nicht wo¬
her ſie kommt und wohin ſie geht.
Wenn aber eine hinreichende Anzahl von die¬
ſen Anfangsſaͤtzen vorausgeſchickt ſind, wenn jeder
Huͤlfsſatz, den menſchliche Wiſſenſchaft zur Feſt¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/269>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.