cheln, eben so freymüthig entgegnete, daß er mit mir spräche, um sich in der französischen Sprache zu üben.
Es ist auffallend, wie die Franzosen täglich nachdenklicher, tiefer und ernster werden, in eben dem Maaße, wie die Engländer dahin streben, sich ein legeres, oberflächliches und heiteres We¬ sen anzueignen; wie im Leben selbst, so auch in der Literatur. Die Londoner Pressen sind vollauf beschäftigt mit fashionablen Schriften, mit Roma¬ nen, die sich in der glänzenden Sphäre des High Life bewegen oder dasselbe abspiegeln, wie z. B. Almalks, Vivian Grey, Tremaine, the Guards, Flirtation, welcher letztere Roman die beste Bezeich¬ nung wäre für die ganze Gattung, für jene Ko¬ ketterie mit ausländischen Manieren und Redens¬ arten, jene plumpe Feinheit, schwerfällige Leichtig¬ keit, saure Süßeley, gezierte Rohheit, kurz für das ganze unerquickliche Treiben jener hölzernen
cheln, eben ſo freymuͤthig entgegnete, daß er mit mir ſpraͤche, um ſich in der franzoͤſiſchen Sprache zu uͤben.
Es iſt auffallend, wie die Franzoſen taͤglich nachdenklicher, tiefer und ernſter werden, in eben dem Maaße, wie die Englaͤnder dahin ſtreben, ſich ein legeres, oberflaͤchliches und heiteres We¬ ſen anzueignen; wie im Leben ſelbſt, ſo auch in der Literatur. Die Londoner Preſſen ſind vollauf beſchaͤftigt mit faſhionablen Schriften, mit Roma¬ nen, die ſich in der glaͤnzenden Sphaͤre des High Life bewegen oder daſſelbe abſpiegeln, wie z. B. Almalks, Vivian Grey, Tremaine, the Guards, Flirtation, welcher letztere Roman die beſte Bezeich¬ nung waͤre fuͤr die ganze Gattung, fuͤr jene Ko¬ ketterie mit auslaͤndiſchen Manieren und Redens¬ arten, jene plumpe Feinheit, ſchwerfaͤllige Leichtig¬ keit, ſaure Suͤßeley, gezierte Rohheit, kurz fuͤr das ganze unerquickliche Treiben jener hoͤlzernen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0186"n="172"/>
cheln, eben ſo freymuͤthig entgegnete, daß er mit<lb/>
mir ſpraͤche, um ſich in der franzoͤſiſchen Sprache<lb/>
zu uͤben.</p><lb/><p>Es iſt auffallend, wie die Franzoſen taͤglich<lb/>
nachdenklicher, tiefer und ernſter werden, in eben<lb/>
dem Maaße, wie die Englaͤnder dahin ſtreben,<lb/>ſich ein legeres, oberflaͤchliches und heiteres We¬<lb/>ſen anzueignen; wie im Leben ſelbſt, ſo auch in<lb/>
der Literatur. Die Londoner Preſſen ſind vollauf<lb/>
beſchaͤftigt mit faſhionablen Schriften, mit Roma¬<lb/>
nen, die ſich in der glaͤnzenden Sphaͤre des High<lb/>
Life bewegen oder daſſelbe abſpiegeln, wie z. B.<lb/><hirendition="#aq">Almalks, Vivian Grey, Tremaine, the Guards</hi>,<lb/><hirendition="#aq">Flirtation</hi>, welcher letztere Roman die beſte Bezeich¬<lb/>
nung waͤre fuͤr die ganze Gattung, fuͤr jene Ko¬<lb/>
ketterie mit auslaͤndiſchen Manieren und Redens¬<lb/>
arten, jene plumpe Feinheit, ſchwerfaͤllige Leichtig¬<lb/>
keit, ſaure Suͤßeley, gezierte Rohheit, kurz fuͤr<lb/>
das ganze unerquickliche Treiben jener hoͤlzernen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[172/0186]
cheln, eben ſo freymuͤthig entgegnete, daß er mit
mir ſpraͤche, um ſich in der franzoͤſiſchen Sprache
zu uͤben.
Es iſt auffallend, wie die Franzoſen taͤglich
nachdenklicher, tiefer und ernſter werden, in eben
dem Maaße, wie die Englaͤnder dahin ſtreben,
ſich ein legeres, oberflaͤchliches und heiteres We¬
ſen anzueignen; wie im Leben ſelbſt, ſo auch in
der Literatur. Die Londoner Preſſen ſind vollauf
beſchaͤftigt mit faſhionablen Schriften, mit Roma¬
nen, die ſich in der glaͤnzenden Sphaͤre des High
Life bewegen oder daſſelbe abſpiegeln, wie z. B.
Almalks, Vivian Grey, Tremaine, the Guards,
Flirtation, welcher letztere Roman die beſte Bezeich¬
nung waͤre fuͤr die ganze Gattung, fuͤr jene Ko¬
ketterie mit auslaͤndiſchen Manieren und Redens¬
arten, jene plumpe Feinheit, ſchwerfaͤllige Leichtig¬
keit, ſaure Suͤßeley, gezierte Rohheit, kurz fuͤr
das ganze unerquickliche Treiben jener hoͤlzernen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/186>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.