Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

und zucken die Achsel über die Heroenbilder, die
der Sturm hinabwarf von der Säule des Ruhms,
und dabey erzählen sie vielleicht: daß sie selbst in
ihrer Jugend ebenfalls mit dem Kopf gegen die
Wand gerennt seyen, daß sie sich aber nachher
mit der Wand wieder versöhnt hätten, denn die
Wand sey das Absolute, das Gesetzte, das an
und für sich Seyende, das weil es ist, auch ver¬
nünftig ist, weßhalb auch derjenige unvernünftig
ist, welcher einen allerhöchst vernünftigen, unwi¬
dersprechbar seyenden, festgesetzten Absolutismus
nicht ertragen will. Ach! diese Verwerflichen, die
uns in eine gelinde Knechtschaft hineinphilosophi¬
ren wollen, sind immer noch achtenswerther als
jene Verworfenen, die bey der Vertheidigung des
Despotismus, sich nicht einmahl auf vernünftige
Vernunftgründe einlassen, sondern ihn geschichts¬
kundig als ein Gewohnheitsrecht verfechten, woran
sich die Menschen im Laufe der Zeit allmählig

und zucken die Achſel uͤber die Heroenbilder, die
der Sturm hinabwarf von der Saͤule des Ruhms,
und dabey erzaͤhlen ſie vielleicht: daß ſie ſelbſt in
ihrer Jugend ebenfalls mit dem Kopf gegen die
Wand gerennt ſeyen, daß ſie ſich aber nachher
mit der Wand wieder verſoͤhnt haͤtten, denn die
Wand ſey das Abſolute, das Geſetzte, das an
und fuͤr ſich Seyende, das weil es iſt, auch ver¬
nuͤnftig iſt, weßhalb auch derjenige unvernuͤnftig
iſt, welcher einen allerhoͤchſt vernuͤnftigen, unwi¬
derſprechbar ſeyenden, feſtgeſetzten Abſolutismus
nicht ertragen will. Ach! dieſe Verwerflichen, die
uns in eine gelinde Knechtſchaft hineinphiloſophi¬
ren wollen, ſind immer noch achtenswerther als
jene Verworfenen, die bey der Vertheidigung des
Despotismus, ſich nicht einmahl auf vernuͤnftige
Vernunftgruͤnde einlaſſen, ſondern ihn geſchichts¬
kundig als ein Gewohnheitsrecht verfechten, woran
ſich die Menſchen im Laufe der Zeit allmaͤhlig

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0142" n="128"/>
und zucken die Ach&#x017F;el u&#x0364;ber die Heroenbilder, die<lb/>
der Sturm hinabwarf von der Sa&#x0364;ule des Ruhms,<lb/>
und dabey erza&#x0364;hlen &#x017F;ie vielleicht: daß &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t in<lb/>
ihrer Jugend ebenfalls mit dem Kopf gegen die<lb/>
Wand gerennt &#x017F;eyen, daß &#x017F;ie &#x017F;ich aber nachher<lb/>
mit der Wand wieder ver&#x017F;o&#x0364;hnt ha&#x0364;tten, denn die<lb/>
Wand &#x017F;ey das Ab&#x017F;olute, das Ge&#x017F;etzte, das an<lb/>
und fu&#x0364;r &#x017F;ich Seyende, das weil es i&#x017F;t, auch ver¬<lb/>
nu&#x0364;nftig i&#x017F;t, weßhalb auch derjenige unvernu&#x0364;nftig<lb/>
i&#x017F;t, welcher einen allerho&#x0364;ch&#x017F;t vernu&#x0364;nftigen, unwi¬<lb/>
der&#x017F;prechbar &#x017F;eyenden, fe&#x017F;tge&#x017F;etzten Ab&#x017F;olutismus<lb/>
nicht ertragen will. Ach! die&#x017F;e Verwerflichen, die<lb/>
uns in eine gelinde Knecht&#x017F;chaft hineinphilo&#x017F;ophi¬<lb/>
ren wollen, &#x017F;ind immer noch achtenswerther als<lb/>
jene Verworfenen, die bey der Vertheidigung des<lb/>
Despotismus, &#x017F;ich nicht einmahl auf vernu&#x0364;nftige<lb/>
Vernunftgru&#x0364;nde einla&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ondern ihn ge&#x017F;chichts¬<lb/>
kundig als ein Gewohnheitsrecht verfechten, woran<lb/>
&#x017F;ich die Men&#x017F;chen im Laufe der Zeit allma&#x0364;hlig<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[128/0142] und zucken die Achſel uͤber die Heroenbilder, die der Sturm hinabwarf von der Saͤule des Ruhms, und dabey erzaͤhlen ſie vielleicht: daß ſie ſelbſt in ihrer Jugend ebenfalls mit dem Kopf gegen die Wand gerennt ſeyen, daß ſie ſich aber nachher mit der Wand wieder verſoͤhnt haͤtten, denn die Wand ſey das Abſolute, das Geſetzte, das an und fuͤr ſich Seyende, das weil es iſt, auch ver¬ nuͤnftig iſt, weßhalb auch derjenige unvernuͤnftig iſt, welcher einen allerhoͤchſt vernuͤnftigen, unwi¬ derſprechbar ſeyenden, feſtgeſetzten Abſolutismus nicht ertragen will. Ach! dieſe Verwerflichen, die uns in eine gelinde Knechtſchaft hineinphiloſophi¬ ren wollen, ſind immer noch achtenswerther als jene Verworfenen, die bey der Vertheidigung des Despotismus, ſich nicht einmahl auf vernuͤnftige Vernunftgruͤnde einlaſſen, ſondern ihn geſchichts¬ kundig als ein Gewohnheitsrecht verfechten, woran ſich die Menſchen im Laufe der Zeit allmaͤhlig

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/142
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/142>, abgerufen am 22.11.2024.