Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

Entsetze dich nicht, lieber Leser, es ist ja alles
nur Scherz. Diese furchtbaren Eumeniden sind
nichts als ein heiteres Lustspiel, das ich, nach eini¬
gen Lustren, unter diesem Titel schreiben werde, und
die tragischen Verse, die dich eben erschreckt, ste¬
hen in dem allerlustigsten Buche von der Welt, im
Don Quixote von la Mancha, wo eine alte, an¬
ständige Hofdame sie in Gegenwart des ganzen
Hofes rezitirt. Ich sehe, du lächelst wieder.
Laß uns heiter und lachend von einander
Abschied nehmen. Wenn dieses letzte Capitel
etwas langweilig war, so lag's nur an dem Ge¬
genstande; auch schrieb ich es mehr zum Nutzen
als zur Lust, und wenn es mir gelungen ist, einen
neuen Narrn auch für die Litteratur brauchbar
gemacht zu haben, wird mir das Vaterland Dank
schuldig seyn. Ich habe das Feld urbar gemacht,
worauf geistreichere Schriftsteller säen und ernd¬
ten werden. Das bescheidene Bewußtseyn dieses
Verdienstes ist mein schönster Lohn. Für etwaige

Entſetze dich nicht, lieber Leſer, es iſt ja alles
nur Scherz. Dieſe furchtbaren Eumeniden ſind
nichts als ein heiteres Luſtſpiel, das ich, nach eini¬
gen Luſtren, unter dieſem Titel ſchreiben werde, und
die tragiſchen Verſe, die dich eben erſchreckt, ſte¬
hen in dem allerluſtigſten Buche von der Welt, im
Don Quixote von la Mancha, wo eine alte, an¬
ſtaͤndige Hofdame ſie in Gegenwart des ganzen
Hofes rezitirt. Ich ſehe, du laͤchelſt wieder.
Laß uns heiter und lachend von einander
Abſchied nehmen. Wenn dieſes letzte Capitel
etwas langweilig war, ſo lag's nur an dem Ge¬
genſtande; auch ſchrieb ich es mehr zum Nutzen
als zur Luſt, und wenn es mir gelungen iſt, einen
neuen Narrn auch fuͤr die Litteratur brauchbar
gemacht zu haben, wird mir das Vaterland Dank
ſchuldig ſeyn. Ich habe das Feld urbar gemacht,
worauf geiſtreichere Schriftſteller ſaͤen und ernd¬
ten werden. Das beſcheidene Bewußtſeyn dieſes
Verdienſtes iſt mein ſchoͤnſter Lohn. Fuͤr etwaige

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0417" n="409"/>
          <p>Ent&#x017F;etze dich nicht, lieber Le&#x017F;er, es i&#x017F;t ja alles<lb/>
nur Scherz. Die&#x017F;e furchtbaren Eumeniden &#x017F;ind<lb/>
nichts als ein heiteres Lu&#x017F;t&#x017F;piel, das ich, nach eini¬<lb/>
gen Lu&#x017F;tren, unter die&#x017F;em Titel &#x017F;chreiben werde, und<lb/>
die tragi&#x017F;chen Ver&#x017F;e, die dich eben er&#x017F;chreckt, &#x017F;te¬<lb/>
hen in dem allerlu&#x017F;tig&#x017F;ten Buche von der Welt, im<lb/>
Don Quixote von la Mancha, wo eine alte, an¬<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndige Hofdame &#x017F;ie in Gegenwart des ganzen<lb/>
Hofes rezitirt. Ich &#x017F;ehe, du la&#x0364;chel&#x017F;t wieder.<lb/>
Laß uns heiter und lachend von einander<lb/>
Ab&#x017F;chied nehmen. Wenn die&#x017F;es letzte Capitel<lb/>
etwas langweilig war, &#x017F;o lag's nur an dem Ge¬<lb/>
gen&#x017F;tande; auch &#x017F;chrieb ich es mehr zum Nutzen<lb/>
als zur Lu&#x017F;t, und wenn es mir gelungen i&#x017F;t, einen<lb/>
neuen Narrn auch fu&#x0364;r die Litteratur brauchbar<lb/>
gemacht zu haben, wird mir das Vaterland Dank<lb/>
&#x017F;chuldig &#x017F;eyn. Ich habe das Feld urbar gemacht,<lb/>
worauf gei&#x017F;treichere Schrift&#x017F;teller &#x017F;a&#x0364;en und ernd¬<lb/>
ten werden. Das be&#x017F;cheidene Bewußt&#x017F;eyn die&#x017F;es<lb/>
Verdien&#x017F;tes i&#x017F;t mein &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ter Lohn. Fu&#x0364;r etwaige<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[409/0417] Entſetze dich nicht, lieber Leſer, es iſt ja alles nur Scherz. Dieſe furchtbaren Eumeniden ſind nichts als ein heiteres Luſtſpiel, das ich, nach eini¬ gen Luſtren, unter dieſem Titel ſchreiben werde, und die tragiſchen Verſe, die dich eben erſchreckt, ſte¬ hen in dem allerluſtigſten Buche von der Welt, im Don Quixote von la Mancha, wo eine alte, an¬ ſtaͤndige Hofdame ſie in Gegenwart des ganzen Hofes rezitirt. Ich ſehe, du laͤchelſt wieder. Laß uns heiter und lachend von einander Abſchied nehmen. Wenn dieſes letzte Capitel etwas langweilig war, ſo lag's nur an dem Ge¬ genſtande; auch ſchrieb ich es mehr zum Nutzen als zur Luſt, und wenn es mir gelungen iſt, einen neuen Narrn auch fuͤr die Litteratur brauchbar gemacht zu haben, wird mir das Vaterland Dank ſchuldig ſeyn. Ich habe das Feld urbar gemacht, worauf geiſtreichere Schriftſteller ſaͤen und ernd¬ ten werden. Das beſcheidene Bewußtſeyn dieſes Verdienſtes iſt mein ſchoͤnſter Lohn. Fuͤr etwaige

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/417
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/417>, abgerufen am 04.05.2024.