Wer ist denn der Graf Platen, den wir im vorigen Kapitel als Dichter und warmen Freund kennen lernten? Ach, lieber Leser, diese Frage las ich schon lange auf deinem Gesichte, und nur zaudernd gehe ich an die Beantwortung. Das ist ja eben das Mißgeschick deutscher Schriftsteller, daß sie jeden guten oder bösen Narrn, den sie auf's Tapet bringen, erst durch trockne Charakter¬ schilderung und Personalbeschreibung bekannt machen müssen, damit man erstens wisse daß er existirt, und zweitens den Ort kenne, wo die Geißel ihn trifft, ob unten oder oben, vorn oder
CapitelXI.
Wer iſt denn der Graf Platen, den wir im vorigen Kapitel als Dichter und warmen Freund kennen lernten? Ach, lieber Leſer, dieſe Frage las ich ſchon lange auf deinem Geſichte, und nur zaudernd gehe ich an die Beantwortung. Das iſt ja eben das Mißgeſchick deutſcher Schriftſteller, daß ſie jeden guten oder boͤſen Narrn, den ſie auf's Tapet bringen, erſt durch trockne Charakter¬ ſchilderung und Perſonalbeſchreibung bekannt machen muͤſſen, damit man erſtens wiſſe daß er exiſtirt, und zweitens den Ort kenne, wo die Geißel ihn trifft, ob unten oder oben, vorn oder
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0367"n="359"/></div><divn="2"><head><hirendition="#g">Capitel</hi><hirendition="#aq">XI</hi>.<lb/></head><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Wer iſt denn der Graf Platen, den wir im<lb/>
vorigen Kapitel als Dichter und warmen Freund<lb/>
kennen lernten? Ach, lieber Leſer, dieſe Frage las<lb/>
ich ſchon lange auf deinem Geſichte, und nur<lb/>
zaudernd gehe ich an die Beantwortung. Das<lb/>
iſt ja eben das Mißgeſchick deutſcher Schriftſteller,<lb/>
daß ſie jeden guten oder boͤſen Narrn, den ſie<lb/>
auf's Tapet bringen, erſt durch trockne Charakter¬<lb/>ſchilderung und Perſonalbeſchreibung bekannt<lb/>
machen muͤſſen, damit man erſtens wiſſe daß er<lb/>
exiſtirt, und zweitens den Ort kenne, wo die<lb/>
Geißel ihn trifft, ob unten oder oben, vorn oder<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[359/0367]
Capitel XI.
Wer iſt denn der Graf Platen, den wir im
vorigen Kapitel als Dichter und warmen Freund
kennen lernten? Ach, lieber Leſer, dieſe Frage las
ich ſchon lange auf deinem Geſichte, und nur
zaudernd gehe ich an die Beantwortung. Das
iſt ja eben das Mißgeſchick deutſcher Schriftſteller,
daß ſie jeden guten oder boͤſen Narrn, den ſie
auf's Tapet bringen, erſt durch trockne Charakter¬
ſchilderung und Perſonalbeſchreibung bekannt
machen muͤſſen, damit man erſtens wiſſe daß er
exiſtirt, und zweitens den Ort kenne, wo die
Geißel ihn trifft, ob unten oder oben, vorn oder
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/367>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.