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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.

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brennen, und die Schabbesfrau, die sie zu putzen
hat, nicht bey der Hand ist, und Rothschild der
Große käme jetzt herein, mit all seinen Maklern,
Diskonteuren, Spediteuren und Chefs de Comp¬
toir, womit er die Welt erobert, und er spräche:
Moses Lump, bitte dir eine Gnade aus, was
du haben willst, soll geschehen -- Herr Doktor,
ich bin überzeugt, Moses Lump würde ruhig
antworten: "putz' mir die Lichter!" und Roth¬
schild der Große würde mit Verwunderung sagen:
wär' ich nicht Rothschild, so möchte ich so ein
Lümpchen seyn!

Während Hyazinth solchermaßen, episch breit,
nach seiner Gewohnheit, seine Ansichten entwickelte,
erhob sich der Markese von seinem Betkissen,
und trat zu uns, noch immer einige Paternoster
durch die Nase schnurrend. Hyazinth zog jetzt
den grünen Flor über das Madonnenbild, das
oberhalb des Betpultes hing, löschte die beiden
Wachskerzen aus, die davor brannten, nahm

brennen, und die Schabbesfrau, die ſie zu putzen
hat, nicht bey der Hand iſt, und Rothſchild der
Große kaͤme jetzt herein, mit all ſeinen Maklern,
Diskonteuren, Spediteuren und Chefs de Comp¬
toir, womit er die Welt erobert, und er ſpraͤche:
Moſes Lump, bitte dir eine Gnade aus, was
du haben willſt, ſoll geſchehen — Herr Doktor,
ich bin uͤberzeugt, Moſes Lump wuͤrde ruhig
antworten: „putz' mir die Lichter!“ und Roth¬
ſchild der Große wuͤrde mit Verwunderung ſagen:
waͤr' ich nicht Rothſchild, ſo moͤchte ich ſo ein
Luͤmpchen ſeyn!

Waͤhrend Hyazinth ſolchermaßen, epiſch breit,
nach ſeiner Gewohnheit, ſeine Anſichten entwickelte,
erhob ſich der Markeſe von ſeinem Betkiſſen,
und trat zu uns, noch immer einige Paternoſter
durch die Naſe ſchnurrend. Hyazinth zog jetzt
den gruͤnen Flor uͤber das Madonnenbild, das
oberhalb des Betpultes hing, loͤſchte die beiden
Wachskerzen aus, die davor brannten, nahm

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[314/0322] brennen, und die Schabbesfrau, die ſie zu putzen hat, nicht bey der Hand iſt, und Rothſchild der Große kaͤme jetzt herein, mit all ſeinen Maklern, Diskonteuren, Spediteuren und Chefs de Comp¬ toir, womit er die Welt erobert, und er ſpraͤche: Moſes Lump, bitte dir eine Gnade aus, was du haben willſt, ſoll geſchehen — Herr Doktor, ich bin uͤberzeugt, Moſes Lump wuͤrde ruhig antworten: „putz' mir die Lichter!“ und Roth¬ ſchild der Große wuͤrde mit Verwunderung ſagen: waͤr' ich nicht Rothſchild, ſo moͤchte ich ſo ein Luͤmpchen ſeyn! Waͤhrend Hyazinth ſolchermaßen, epiſch breit, nach ſeiner Gewohnheit, ſeine Anſichten entwickelte, erhob ſich der Markeſe von ſeinem Betkiſſen, und trat zu uns, noch immer einige Paternoſter durch die Naſe ſchnurrend. Hyazinth zog jetzt den gruͤnen Flor uͤber das Madonnenbild, das oberhalb des Betpultes hing, loͤſchte die beiden Wachskerzen aus, die davor brannten, nahm

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/322>, abgerufen am 24.11.2024.