ganz klein Kind, ich sage Ihnen, ein ganz klein Kind trug einen Elephantenorden. Die Kinder waren gar schön maskirt und spielten Anleihe, und waren angezogen wie die Könige, mit Kro¬ nen auf den Köpfen, ein großer Junge aber war angezogen präzise wie der alte Nathan Roth¬ schild. Er machte seine Sache sehr gut, hatte beide Hände in der Hosentasche, klimperte mit Geld, schüttelte sich verdrießlich, wenn einer von den kleinen Königen was geborgt haben wollte, und nur dem kleinen mit dem weißen Rock und den rothen Hosen streichelte er freundlich die Backen, und lobte ihn: du bist mein Plaisir, mein Liebling, mein' Pracht, aber dein Vetter Michel soll mir vom Leib' bleiben, ich werde die¬ sem Narrn nichts borgen, der täglich mehr Menschen ausgiebt, als er jährlich zu verzehren hat, es kommt durch ihn noch ein Unglück in die Welt, und mein Geschäft wird darunter leiden. So wahr mir Gott alles Guts gebe, der Junge
ganz klein Kind, ich ſage Ihnen, ein ganz klein Kind trug einen Elephantenorden. Die Kinder waren gar ſchoͤn maskirt und ſpielten Anleihe, und waren angezogen wie die Koͤnige, mit Kro¬ nen auf den Koͤpfen, ein großer Junge aber war angezogen praͤziſe wie der alte Nathan Roth¬ ſchild. Er machte ſeine Sache ſehr gut, hatte beide Haͤnde in der Hoſentaſche, klimperte mit Geld, ſchuͤttelte ſich verdrießlich, wenn einer von den kleinen Koͤnigen was geborgt haben wollte, und nur dem kleinen mit dem weißen Rock und den rothen Hoſen ſtreichelte er freundlich die Backen, und lobte ihn: du biſt mein Plaiſir, mein Liebling, mein' Pracht, aber dein Vetter Michel ſoll mir vom Leib' bleiben, ich werde die¬ ſem Narrn nichts borgen, der taͤglich mehr Menſchen ausgiebt, als er jaͤhrlich zu verzehren hat, es kommt durch ihn noch ein Ungluͤck in die Welt, und mein Geſchaͤft wird darunter leiden. So wahr mir Gott alles Guts gebe, der Junge
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ganz klein Kind, ich ſage Ihnen, ein ganz klein
Kind trug einen Elephantenorden. Die Kinder
waren gar ſchoͤn maskirt und ſpielten Anleihe,
und waren angezogen wie die Koͤnige, mit Kro¬
nen auf den Koͤpfen, ein großer Junge aber war
angezogen praͤziſe wie der alte Nathan Roth¬
ſchild. Er machte ſeine Sache ſehr gut, hatte
beide Haͤnde in der Hoſentaſche, klimperte mit
Geld, ſchuͤttelte ſich verdrießlich, wenn einer von
den kleinen Koͤnigen was geborgt haben wollte,
und nur dem kleinen mit dem weißen Rock und
den rothen Hoſen ſtreichelte er freundlich die
Backen, und lobte ihn: du biſt mein Plaiſir,
mein Liebling, mein' Pracht, aber dein Vetter
Michel ſoll mir vom Leib' bleiben, ich werde die¬
ſem Narrn nichts borgen, der taͤglich mehr
Menſchen ausgiebt, als er jaͤhrlich zu verzehren
hat, es kommt durch ihn noch ein Ungluͤck in die
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/308>, abgerufen am 23.11.2024.
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