der Herr Markese zu ihm sagte, ich sey einmal Lotteriekollekteur gewesen, sagte der Baron sehr witzig: ich bin ja selbst so etwas, ich bin ja der Oberkollekteur der rothschildschen Loose, und mein College darf bey Leibe nicht mit den Be¬ dienten essen, er soll neben mir bey Tische sitzen -- Und so wahr wie mir Gott alles Guts geben soll, Herr Doktor, ich saß neben Salomon Rothschild, und er behandelte mich ganz wie sei¬ nes Gleichen, ganz famillionär. Ich war auch bey ihm auf dem berühmten Kinderball, der in der Zeitung gestanden. So viel Pracht bekomme ich mein Lebtag nicht mehr zu sehen. Ich bin doch auch in Hamburg auf einem Ball gewesen, der 1500 Mark und 8 Schilling kostete, aber das war doch nur wie ein Hühnerdreckchen gegen einen Misthaufen. Wie viel Gold und Silber und Dia¬ manten habe ich dort gesehen! Wie viel Sterne und Orden! Den Falkenorden, das goldne Vlies, den Löwenorden, den Adlerorden -- sogar ein
der Herr Markeſe zu ihm ſagte, ich ſey einmal Lotteriekollekteur geweſen, ſagte der Baron ſehr witzig: ich bin ja ſelbſt ſo etwas, ich bin ja der Oberkollekteur der rothſchildſchen Looſe, und mein College darf bey Leibe nicht mit den Be¬ dienten eſſen, er ſoll neben mir bey Tiſche ſitzen — Und ſo wahr wie mir Gott alles Guts geben ſoll, Herr Doktor, ich ſaß neben Salomon Rothſchild, und er behandelte mich ganz wie ſei¬ nes Gleichen, ganz famillionaͤr. Ich war auch bey ihm auf dem beruͤhmten Kinderball, der in der Zeitung geſtanden. So viel Pracht bekomme ich mein Lebtag nicht mehr zu ſehen. Ich bin doch auch in Hamburg auf einem Ball geweſen, der 1500 Mark und 8 Schilling koſtete, aber das war doch nur wie ein Huͤhnerdreckchen gegen einen Miſthaufen. Wie viel Gold und Silber und Dia¬ manten habe ich dort geſehen! Wie viel Sterne und Orden! Den Falkenorden, das goldne Vlies, den Loͤwenorden, den Adlerorden — ſogar ein
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der Herr Markeſe zu ihm ſagte, ich ſey einmal
Lotteriekollekteur geweſen, ſagte der Baron ſehr
witzig: ich bin ja ſelbſt ſo etwas, ich bin ja
der Oberkollekteur der rothſchildſchen Looſe, und
mein College darf bey Leibe nicht mit den Be¬
dienten eſſen, er ſoll neben mir bey Tiſche
ſitzen — Und ſo wahr wie mir Gott alles Guts
geben ſoll, Herr Doktor, ich ſaß neben Salomon
Rothſchild, und er behandelte mich ganz wie ſei¬
nes Gleichen, ganz famillionaͤr. Ich war auch
bey ihm auf dem beruͤhmten Kinderball, der in
der Zeitung geſtanden. So viel Pracht bekomme
ich mein Lebtag nicht mehr zu ſehen. Ich bin doch
auch in Hamburg auf einem Ball geweſen, der
1500 Mark und 8 Schilling koſtete, aber das
war doch nur wie ein Huͤhnerdreckchen gegen einen
Miſthaufen. Wie viel Gold und Silber und Dia¬
manten habe ich dort geſehen! Wie viel Sterne
und Orden! Den Falkenorden, das goldne Vlies,
den Loͤwenorden, den Adlerorden — ſogar ein
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/307>, abgerufen am 23.11.2024.
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