gelber wird, so wird auch Ihre Schönheit mit jedem Jahre desto reifer.
Die Dame schien mit dieser Vergleichung zufrieden zu seyn, und gestand ebenfalls, daß sie sich wirklich reifer fühle als sonst, beson¬ ders gegen damals, wo sie noch ein dünnes Ding gewesen und zuerst in Bologna auf¬ getreten sey, und daß sie noch jetzt nicht begreife, wie sie in solcher Gestalt so viel Furore habe machen können. Und nun erzählte sie ihr Debüt als Ariadne, worauf sie, wie ich spä¬ ter entdeckte, sehr oft zurückkam, bey welcher Gelegenheit auch Signor Bartolo das Gedicht deklamiren mußte, das er ihr damals aufs Theater geworfen. Es war ein gutes Gedicht, voll rüh¬ render Trauer über Theseus Treulosigkeit, voll blinder Begeisterung für Bachus und blühender Ver¬ herrlichung Ariadne's. Bella cosa! rief Signora Laetizia bey jeder Strophe, und auch ich lobte
gelber wird, ſo wird auch Ihre Schoͤnheit mit jedem Jahre deſto reifer.
Die Dame ſchien mit dieſer Vergleichung zufrieden zu ſeyn, und geſtand ebenfalls, daß ſie ſich wirklich reifer fuͤhle als ſonſt, beſon¬ ders gegen damals, wo ſie noch ein duͤnnes Ding geweſen und zuerſt in Bologna auf¬ getreten ſey, und daß ſie noch jetzt nicht begreife, wie ſie in ſolcher Geſtalt ſo viel Furore habe machen koͤnnen. Und nun erzaͤhlte ſie ihr Debuͤt als Ariadne, worauf ſie, wie ich ſpaͤ¬ ter entdeckte, ſehr oft zuruͤckkam, bey welcher Gelegenheit auch Signor Bartolo das Gedicht deklamiren mußte, das er ihr damals aufs Theater geworfen. Es war ein gutes Gedicht, voll ruͤh¬ render Trauer uͤber Theſeus Treuloſigkeit, voll blinder Begeiſterung fuͤr Bachus und bluͤhender Ver¬ herrlichung Ariadne's. Bella coſa! rief Signora Laetizia bey jeder Strophe, und auch ich lobte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0289"n="281"/>
gelber wird, ſo wird auch Ihre Schoͤnheit mit<lb/>
jedem Jahre deſto reifer.</p><lb/><p>Die Dame ſchien mit dieſer Vergleichung<lb/>
zufrieden zu ſeyn, und geſtand ebenfalls, daß<lb/>ſie ſich wirklich reifer fuͤhle als ſonſt, beſon¬<lb/>
ders gegen damals, wo ſie noch ein duͤnnes<lb/>
Ding geweſen und zuerſt in Bologna auf¬<lb/>
getreten ſey, und daß ſie noch jetzt nicht<lb/>
begreife, wie ſie in ſolcher Geſtalt ſo viel<lb/>
Furore habe machen koͤnnen. Und nun erzaͤhlte ſie<lb/>
ihr Debuͤt als Ariadne, worauf ſie, wie ich ſpaͤ¬<lb/>
ter entdeckte, ſehr oft zuruͤckkam, bey welcher<lb/>
Gelegenheit auch Signor Bartolo das Gedicht<lb/>
deklamiren mußte, das er ihr damals aufs Theater<lb/>
geworfen. Es war ein gutes Gedicht, voll ruͤh¬<lb/>
render Trauer uͤber Theſeus Treuloſigkeit, voll<lb/>
blinder Begeiſterung fuͤr Bachus und bluͤhender Ver¬<lb/>
herrlichung Ariadne's. Bella coſa! rief Signora<lb/>
Laetizia bey jeder Strophe, und auch ich lobte<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[281/0289]
gelber wird, ſo wird auch Ihre Schoͤnheit mit
jedem Jahre deſto reifer.
Die Dame ſchien mit dieſer Vergleichung
zufrieden zu ſeyn, und geſtand ebenfalls, daß
ſie ſich wirklich reifer fuͤhle als ſonſt, beſon¬
ders gegen damals, wo ſie noch ein duͤnnes
Ding geweſen und zuerſt in Bologna auf¬
getreten ſey, und daß ſie noch jetzt nicht
begreife, wie ſie in ſolcher Geſtalt ſo viel
Furore habe machen koͤnnen. Und nun erzaͤhlte ſie
ihr Debuͤt als Ariadne, worauf ſie, wie ich ſpaͤ¬
ter entdeckte, ſehr oft zuruͤckkam, bey welcher
Gelegenheit auch Signor Bartolo das Gedicht
deklamiren mußte, das er ihr damals aufs Theater
geworfen. Es war ein gutes Gedicht, voll ruͤh¬
render Trauer uͤber Theſeus Treuloſigkeit, voll
blinder Begeiſterung fuͤr Bachus und bluͤhender Ver¬
herrlichung Ariadne's. Bella coſa! rief Signora
Laetizia bey jeder Strophe, und auch ich lobte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/289>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.