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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.

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Capitel I.

Ich bin der höflichste Mensch von der Welt.
Ich thue mir was darauf zu gute, niemals
grob gewesen zu seyn auf dieser Erde, wo es
so viele unerträgliche Schlingel giebt, die sich
zu einem hinsetzen und ihre Leiden erzählen oder
gar ihre Verse deklamiren; mit wahrhaft christ¬
licher Geduld habe ich immer solche Misere ruhig
angehört, ohne nur durch eine Miene zu ver¬
rathen, wie sehr sich meine Seele ennuirte.
Gleich einem büßenden Braminen, der seinen
Leib dem Ungeziefer Preis giebt, damit auch

Capitel I.

Ich bin der hoͤflichſte Menſch von der Welt.
Ich thue mir was darauf zu gute, niemals
grob geweſen zu ſeyn auf dieſer Erde, wo es
ſo viele unertraͤgliche Schlingel giebt, die ſich
zu einem hinſetzen und ihre Leiden erzaͤhlen oder
gar ihre Verſe deklamiren; mit wahrhaft chriſt¬
licher Geduld habe ich immer ſolche Miſere ruhig
angehoͤrt, ohne nur durch eine Miene zu ver¬
rathen, wie ſehr ſich meine Seele ennuirte.
Gleich einem buͤßenden Braminen, der ſeinen
Leib dem Ungeziefer Preis giebt, damit auch

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[[5]/0013] Capitel I. Ich bin der hoͤflichſte Menſch von der Welt. Ich thue mir was darauf zu gute, niemals grob geweſen zu ſeyn auf dieſer Erde, wo es ſo viele unertraͤgliche Schlingel giebt, die ſich zu einem hinſetzen und ihre Leiden erzaͤhlen oder gar ihre Verſe deklamiren; mit wahrhaft chriſt¬ licher Geduld habe ich immer ſolche Miſere ruhig angehoͤrt, ohne nur durch eine Miene zu ver¬ rathen, wie ſehr ſich meine Seele ennuirte. Gleich einem buͤßenden Braminen, der ſeinen Leib dem Ungeziefer Preis giebt, damit auch

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. [5]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/13>, abgerufen am 29.03.2024.