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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.

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Das ist der esoterische Sinn der Opera Buffa.
Die exoterische Schildwache, in deren Gegenwart
sie gesungen und dargestellt wird, ahnt nimmer¬
mehr die Bedeutung dieser heiteren Liebesge¬
schichten, Liebesnöthen und Liebesneckereyen, wor¬
unter der Italiener seine tödlichsten Befreyungs¬
gedanken verbirgt, wie Harmodius und Aristogiton
ihren Dolch verbargen in einem Kranze von
Myrthen. Das ist halt närrisches Zeug, sagt
die exoterische Schildwache, und es ist gut, daß
sie nichts merkt. Denn sonst würde der Im¬
pressario, mitsammt der Prima Donna und dem
Primo Uomo, bald jene Bretter betreten, die
eine Festung bedeuten; es würde eine Unter¬
suchungskommission niedergesetzt werden, alle
staatsgefährliche Triller und revoluz[unleserliches Material - 5 Zeichen fehlen]rische
Colloraturen kämen zu Protokoll, man würde
eine Menge Arlekine, die in weiteren Verzwei¬
gungen verbrecherischer Umtriebe verwickelt sind,
auch den Tartaglia, den Brighella, sogar den alten

Das iſt der eſoteriſche Sinn der Opera Buffa.
Die exoteriſche Schildwache, in deren Gegenwart
ſie geſungen und dargeſtellt wird, ahnt nimmer¬
mehr die Bedeutung dieſer heiteren Liebesge¬
ſchichten, Liebesnoͤthen und Liebesneckereyen, wor¬
unter der Italiener ſeine toͤdlichſten Befreyungs¬
gedanken verbirgt, wie Harmodius und Ariſtogiton
ihren Dolch verbargen in einem Kranze von
Myrthen. Das iſt halt naͤrriſches Zeug, ſagt
die exoteriſche Schildwache, und es iſt gut, daß
ſie nichts merkt. Denn ſonſt wuͤrde der Im¬
preſſario, mitſammt der Prima Donna und dem
Primo Uomo, bald jene Bretter betreten, die
eine Feſtung bedeuten; es wuͤrde eine Unter¬
ſuchungskommiſſion niedergeſetzt werden, alle
ſtaatsgefaͤhrliche Triller und revoluz[unleserliches Material – 5 Zeichen fehlen]riſche
Colloraturen kaͤmen zu Protokoll, man wuͤrde
eine Menge Arlekine, die in weiteren Verzwei¬
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[116/0124] Das iſt der eſoteriſche Sinn der Opera Buffa. Die exoteriſche Schildwache, in deren Gegenwart ſie geſungen und dargeſtellt wird, ahnt nimmer¬ mehr die Bedeutung dieſer heiteren Liebesge¬ ſchichten, Liebesnoͤthen und Liebesneckereyen, wor¬ unter der Italiener ſeine toͤdlichſten Befreyungs¬ gedanken verbirgt, wie Harmodius und Ariſtogiton ihren Dolch verbargen in einem Kranze von Myrthen. Das iſt halt naͤrriſches Zeug, ſagt die exoteriſche Schildwache, und es iſt gut, daß ſie nichts merkt. Denn ſonſt wuͤrde der Im¬ preſſario, mitſammt der Prima Donna und dem Primo Uomo, bald jene Bretter betreten, die eine Feſtung bedeuten; es wuͤrde eine Unter¬ ſuchungskommiſſion niedergeſetzt werden, alle ſtaatsgefaͤhrliche Triller und revoluz_____riſche Colloraturen kaͤmen zu Protokoll, man wuͤrde eine Menge Arlekine, die in weiteren Verzwei¬ gungen verbrecheriſcher Umtriebe verwickelt ſind, auch den Tartaglia, den Brighella, ſogar den alten

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/124>, abgerufen am 27.04.2024.