ein dummer Teufel? Diese delikaten Fragen liegen aber alle in den unverfänglichen Worten: Was halten Sie von Goethe? Denn, indem uns Allen Goethes Werke vor Augen liegen, so können wir das Urtheil, das Jemand darüber fällt, mit dem unsrigen schnell vergleichen, wir bekommen dadurch einen festen Maaßstab, wo¬ mit wir gleich alle seine Gedanken und Ge¬ fühle messen können, und er hat unbewußt sein eignes Urtheil gesprochen. Wie aber Goethe, auf diese Weise, weil er eine gemeinschaftliche Welt ist, die der Betrachtung eines jeden offen liegt, uns das beste Mittel wird, um die Leute kennen zu lernen, so können wir wiederum Goe¬ the selbst am besten kennen lernen, durch sein eignes Urtheil über Gegenstände, die uns allen vor Augen liegen, und worüber uns schon die bedeutendsten Menschen ihre Ansichten mitge¬ theilt haben. In dieser Hinsicht möchte ich am liebsten auf Goethe's italienische Reise hindeuten, indem wir alle, entweder durch eigne Betrach¬
ein dummer Teufel? Dieſe delikaten Fragen liegen aber alle in den unverfaͤnglichen Worten: Was halten Sie von Goethe? Denn, indem uns Allen Goethes Werke vor Augen liegen, ſo koͤnnen wir das Urtheil, das Jemand daruͤber faͤllt, mit dem unſrigen ſchnell vergleichen, wir bekommen dadurch einen feſten Maaßſtab, wo¬ mit wir gleich alle ſeine Gedanken und Ge¬ fuͤhle meſſen koͤnnen, und er hat unbewußt ſein eignes Urtheil geſprochen. Wie aber Goethe, auf dieſe Weiſe, weil er eine gemeinſchaftliche Welt iſt, die der Betrachtung eines jeden offen liegt, uns das beſte Mittel wird, um die Leute kennen zu lernen, ſo koͤnnen wir wiederum Goe¬ the ſelbſt am beſten kennen lernen, durch ſein eignes Urtheil uͤber Gegenſtaͤnde, die uns allen vor Augen liegen, und woruͤber uns ſchon die bedeutendſten Menſchen ihre Anſichten mitge¬ theilt haben. In dieſer Hinſicht moͤchte ich am liebſten auf Goethe's italieniſche Reiſe hindeuten, indem wir alle, entweder durch eigne Betrach¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0070"n="62"/>
ein dummer Teufel? Dieſe delikaten Fragen<lb/>
liegen aber alle in den unverfaͤnglichen Worten:<lb/>
Was halten Sie von Goethe? Denn, indem<lb/>
uns Allen Goethes Werke vor Augen liegen, ſo<lb/>
koͤnnen wir das Urtheil, das Jemand daruͤber<lb/>
faͤllt, mit dem unſrigen ſchnell vergleichen, wir<lb/>
bekommen dadurch einen feſten Maaßſtab, wo¬<lb/>
mit wir gleich alle ſeine Gedanken und Ge¬<lb/>
fuͤhle meſſen koͤnnen, und er hat unbewußt ſein<lb/>
eignes Urtheil geſprochen. Wie aber Goethe,<lb/>
auf dieſe Weiſe, weil er eine gemeinſchaftliche<lb/>
Welt iſt, die der Betrachtung eines jeden offen<lb/>
liegt, uns das beſte Mittel wird, um die Leute<lb/>
kennen zu lernen, ſo koͤnnen wir wiederum Goe¬<lb/>
the ſelbſt am beſten kennen lernen, durch ſein<lb/>
eignes Urtheil uͤber Gegenſtaͤnde, die uns allen<lb/>
vor Augen liegen, und woruͤber uns ſchon die<lb/>
bedeutendſten Menſchen ihre Anſichten mitge¬<lb/>
theilt haben. In dieſer Hinſicht moͤchte ich am<lb/>
liebſten auf Goethe's italieniſche Reiſe hindeuten,<lb/>
indem wir alle, entweder durch eigne Betrach¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[62/0070]
ein dummer Teufel? Dieſe delikaten Fragen
liegen aber alle in den unverfaͤnglichen Worten:
Was halten Sie von Goethe? Denn, indem
uns Allen Goethes Werke vor Augen liegen, ſo
koͤnnen wir das Urtheil, das Jemand daruͤber
faͤllt, mit dem unſrigen ſchnell vergleichen, wir
bekommen dadurch einen feſten Maaßſtab, wo¬
mit wir gleich alle ſeine Gedanken und Ge¬
fuͤhle meſſen koͤnnen, und er hat unbewußt ſein
eignes Urtheil geſprochen. Wie aber Goethe,
auf dieſe Weiſe, weil er eine gemeinſchaftliche
Welt iſt, die der Betrachtung eines jeden offen
liegt, uns das beſte Mittel wird, um die Leute
kennen zu lernen, ſo koͤnnen wir wiederum Goe¬
the ſelbſt am beſten kennen lernen, durch ſein
eignes Urtheil uͤber Gegenſtaͤnde, die uns allen
vor Augen liegen, und woruͤber uns ſchon die
bedeutendſten Menſchen ihre Anſichten mitge¬
theilt haben. In dieſer Hinſicht moͤchte ich am
liebſten auf Goethe's italieniſche Reiſe hindeuten,
indem wir alle, entweder durch eigne Betrach¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/70>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.