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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

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gabe; und wenn mir auch nicht die Narren ge¬
braten in's Maul fliegen, sondern mir gewöhn¬
lich roh und abgeschmackt entgegenlaufen, so
weiß ich sie doch so lange am Spieße herum¬
zudrehen, zu schmoren, zu pfeffern, bis sie
mürbe und genießbar werden. Sie sollen Ihre
Freude haben, Madame, wenn ich mal meine
große Fete gebe. Madame, Sie sollen meine
Küche loben. Sie sollen gestehen, daß ich
meine Satrapen eben so pompöse bewirthen
kann, wie einst der große Ahasveros, der da
König war, von Indien bis zu den Mohren,
über hundert und sieben und zwanzig Provin¬
zen. Ganze Hekatomben von Narren werde ich
einschlachten. Jener große Philoschnaps, der,
wie einst Jupiter, in der Gestalt eines Ochsen,
um den Beyfall Europa's buhlt, liefert den
Ochsenbraten; ein trauriger Trauerspieldichter,
der auf den Brettern, die ein traurig persisches
Reich bedeuteten, uns einen traurigen Alexan¬
der gezeigt hat, an dessen Bildung kein Ari¬

gabe; und wenn mir auch nicht die Narren ge¬
braten in's Maul fliegen, ſondern mir gewoͤhn¬
lich roh und abgeſchmackt entgegenlaufen, ſo
weiß ich ſie doch ſo lange am Spieße herum¬
zudrehen, zu ſchmoren, zu pfeffern, bis ſie
muͤrbe und genießbar werden. Sie ſollen Ihre
Freude haben, Madame, wenn ich mal meine
große Fete gebe. Madame, Sie ſollen meine
Kuͤche loben. Sie ſollen geſtehen, daß ich
meine Satrapen eben ſo pompoͤſe bewirthen
kann, wie einſt der große Ahasveros, der da
Koͤnig war, von Indien bis zu den Mohren,
uͤber hundert und ſieben und zwanzig Provin¬
zen. Ganze Hekatomben von Narren werde ich
einſchlachten. Jener große Philoſchnaps, der,
wie einſt Jupiter, in der Geſtalt eines Ochſen,
um den Beyfall Europa's buhlt, liefert den
Ochſenbraten; ein trauriger Trauerſpieldichter,
der auf den Brettern, die ein traurig perſiſches
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[260/0268] gabe; und wenn mir auch nicht die Narren ge¬ braten in's Maul fliegen, ſondern mir gewoͤhn¬ lich roh und abgeſchmackt entgegenlaufen, ſo weiß ich ſie doch ſo lange am Spieße herum¬ zudrehen, zu ſchmoren, zu pfeffern, bis ſie muͤrbe und genießbar werden. Sie ſollen Ihre Freude haben, Madame, wenn ich mal meine große Fete gebe. Madame, Sie ſollen meine Kuͤche loben. Sie ſollen geſtehen, daß ich meine Satrapen eben ſo pompoͤſe bewirthen kann, wie einſt der große Ahasveros, der da Koͤnig war, von Indien bis zu den Mohren, uͤber hundert und ſieben und zwanzig Provin¬ zen. Ganze Hekatomben von Narren werde ich einſchlachten. Jener große Philoſchnaps, der, wie einſt Jupiter, in der Geſtalt eines Ochſen, um den Beyfall Europa's buhlt, liefert den Ochſenbraten; ein trauriger Trauerſpieldichter, der auf den Brettern, die ein traurig perſiſches Reich bedeuteten, uns einen traurigen Alexan¬ der gezeigt hat, an deſſen Bildung kein Ari¬

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/268>, abgerufen am 20.05.2024.