Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

Rom der Triumphator, ruhmbekränzt und pur¬
purgeschmückt, auf seinem goldnen Wagen mit
weißen Rossen, vom Campo Martii einherfuhr,
wie ein Gott hervorragend aus dem feyerlichen
Zuge der Lictoren, Musikanten, Tänzer, Prie¬
ster, Sklaven, Trophäenträger, Consuln, Se¬
natoren, Soldaten: dann sang der Pöbel hin¬
tendrein allerley Spottlieder -- Und Sie wissen,
Madame, daß es im lieben Deutschland viel
alte Weiber und Pöbel giebt.

Wie gesagt, Madame, die Ideen, von denen
hier die Rede ist, sind von den platonischen
eben so weit entfernt als Athen von Göttin¬
gen, und Sie dürfen von dem Buche selbst
eben so wenig große Erwartungen hegen, als
von dem Verfasser selbst. Wahrlich, wie dieser
überhaupt jemals dergleichen Erwartungen er¬
regen konnte, ist mir eben so unbegreiflich als
meinen Freunden. Gräfin Julie will die
Sache erklären, und versichert: wenn der be¬

Rom der Triumphator, ruhmbekraͤnzt und pur¬
purgeſchmuͤckt, auf ſeinem goldnen Wagen mit
weißen Roſſen, vom Campo Martii einherfuhr,
wie ein Gott hervorragend aus dem feyerlichen
Zuge der Lictoren, Muſikanten, Taͤnzer, Prie¬
ſter, Sklaven, Trophaͤentraͤger, Conſuln, Se¬
natoren, Soldaten: dann ſang der Poͤbel hin¬
tendrein allerley Spottlieder — Und Sie wiſſen,
Madame, daß es im lieben Deutſchland viel
alte Weiber und Poͤbel giebt.

Wie geſagt, Madame, die Ideen, von denen
hier die Rede iſt, ſind von den platoniſchen
eben ſo weit entfernt als Athen von Goͤttin¬
gen, und Sie duͤrfen von dem Buche ſelbſt
eben ſo wenig große Erwartungen hegen, als
von dem Verfaſſer ſelbſt. Wahrlich, wie dieſer
uͤberhaupt jemals dergleichen Erwartungen er¬
regen konnte, iſt mir eben ſo unbegreiflich als
meinen Freunden. Graͤfin Julie will die
Sache erklaͤren, und verſichert: wenn der be¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0251" n="243"/>
Rom der Triumphator, ruhmbekra&#x0364;nzt und pur¬<lb/>
purge&#x017F;chmu&#x0364;ckt, auf &#x017F;einem goldnen Wagen mit<lb/>
weißen Ro&#x017F;&#x017F;en, vom Campo Martii einherfuhr,<lb/>
wie ein Gott hervorragend aus dem feyerlichen<lb/>
Zuge der Lictoren, Mu&#x017F;ikanten, Ta&#x0364;nzer, Prie¬<lb/>
&#x017F;ter, Sklaven, Tropha&#x0364;entra&#x0364;ger, Con&#x017F;uln, Se¬<lb/>
natoren, Soldaten: dann &#x017F;ang der Po&#x0364;bel hin¬<lb/>
tendrein allerley Spottlieder &#x2014; Und Sie wi&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
Madame, daß es im lieben Deut&#x017F;chland viel<lb/>
alte Weiber und Po&#x0364;bel giebt.</p><lb/>
          <p>Wie ge&#x017F;agt, Madame, die Ideen, von denen<lb/>
hier die Rede i&#x017F;t, &#x017F;ind von den platoni&#x017F;chen<lb/>
eben &#x017F;o weit entfernt als Athen von Go&#x0364;ttin¬<lb/>
gen, und Sie du&#x0364;rfen von dem Buche &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
eben &#x017F;o wenig große Erwartungen hegen, als<lb/>
von dem Verfa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;elb&#x017F;t. Wahrlich, wie die&#x017F;er<lb/>
u&#x0364;berhaupt jemals dergleichen Erwartungen er¬<lb/>
regen konnte, i&#x017F;t mir eben &#x017F;o unbegreiflich als<lb/>
meinen Freunden. Gra&#x0364;fin Julie will die<lb/>
Sache erkla&#x0364;ren, und ver&#x017F;ichert: wenn der be¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[243/0251] Rom der Triumphator, ruhmbekraͤnzt und pur¬ purgeſchmuͤckt, auf ſeinem goldnen Wagen mit weißen Roſſen, vom Campo Martii einherfuhr, wie ein Gott hervorragend aus dem feyerlichen Zuge der Lictoren, Muſikanten, Taͤnzer, Prie¬ ſter, Sklaven, Trophaͤentraͤger, Conſuln, Se¬ natoren, Soldaten: dann ſang der Poͤbel hin¬ tendrein allerley Spottlieder — Und Sie wiſſen, Madame, daß es im lieben Deutſchland viel alte Weiber und Poͤbel giebt. Wie geſagt, Madame, die Ideen, von denen hier die Rede iſt, ſind von den platoniſchen eben ſo weit entfernt als Athen von Goͤttin¬ gen, und Sie duͤrfen von dem Buche ſelbſt eben ſo wenig große Erwartungen hegen, als von dem Verfaſſer ſelbſt. Wahrlich, wie dieſer uͤberhaupt jemals dergleichen Erwartungen er¬ regen konnte, iſt mir eben ſo unbegreiflich als meinen Freunden. Graͤfin Julie will die Sache erklaͤren, und verſichert: wenn der be¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/251
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/251>, abgerufen am 23.11.2024.