und hinter mir stand der pfälzische Invalide und schluchzte und buchstabirte: "der Kurfürst läßt sich bedanken."
Als ich erwachte, schien die Sonne wieder wie gewöhnlich durch das Fenster, auf der Straße ging die Trommel, und als ich in unsre Wohnstube trat, und meinem Vater, der im weißen Pudermantel saß, einen guten Morgen bot, hörte ich, wie der leichtfüßige Friseur ihm während des Frisirens haarklein erzählte: daß heute auf dem Rathause dem neuen Großher¬ zog Joachim gehuldigt werde, und daß die¬ ser von der besten Familie sey, und die Schwester des Kaisers Napoleon zur Frau be¬ kommen, und auch wirklich viel Anstand be¬ sitze, und sein schönes schwarzes Haar in Locken trage, und nächstens seinen Einzug halten und sicher allen Frauenzimmern gefallen müsse. Un¬ terdessen ging das Getrommel, draußen auf der Straße, immer fort, und ich trat vor die
und hinter mir ſtand der pfaͤlziſche Invalide und ſchluchzte und buchſtabirte: “der Kurfuͤrſt laͤßt ſich bedanken.”
Als ich erwachte, ſchien die Sonne wieder wie gewoͤhnlich durch das Fenſter, auf der Straße ging die Trommel, und als ich in unſre Wohnſtube trat, und meinem Vater, der im weißen Pudermantel ſaß, einen guten Morgen bot, hoͤrte ich, wie der leichtfuͤßige Friſeur ihm waͤhrend des Friſirens haarklein erzaͤhlte: daß heute auf dem Rathauſe dem neuen Großher¬ zog Joachim gehuldigt werde, und daß die¬ ſer von der beſten Familie ſey, und die Schweſter des Kaiſers Napoleon zur Frau be¬ kommen, und auch wirklich viel Anſtand be¬ ſitze, und ſein ſchoͤnes ſchwarzes Haar in Locken trage, und naͤchſtens ſeinen Einzug halten und ſicher allen Frauenzimmern gefallen muͤſſe. Un¬ terdeſſen ging das Getrommel, draußen auf der Straße, immer fort, und ich trat vor die
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und hinter mir ſtand der pfaͤlziſche Invalide
und ſchluchzte und buchſtabirte: “der Kurfuͤrſt
laͤßt ſich bedanken.”
Als ich erwachte, ſchien die Sonne wieder
wie gewoͤhnlich durch das Fenſter, auf der
Straße ging die Trommel, und als ich in unſre
Wohnſtube trat, und meinem Vater, der im
weißen Pudermantel ſaß, einen guten Morgen
bot, hoͤrte ich, wie der leichtfuͤßige Friſeur ihm
waͤhrend des Friſirens haarklein erzaͤhlte: daß
heute auf dem Rathauſe dem neuen Großher¬
zog Joachim gehuldigt werde, und daß die¬
ſer von der beſten Familie ſey, und die
Schweſter des Kaiſers Napoleon zur Frau be¬
kommen, und auch wirklich viel Anſtand be¬
ſitze, und ſein ſchoͤnes ſchwarzes Haar in Locken
trage, und naͤchſtens ſeinen Einzug halten und
ſicher allen Frauenzimmern gefallen muͤſſe. Un¬
terdeſſen ging das Getrommel, draußen auf der
Straße, immer fort, und ich trat vor die
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/184>, abgerufen am 22.11.2024.
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