Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

rasiren, als bis sie einen Bart haben, und haben
oft einen Bart, ehe sie verständig sind, und
wenn sie verständig sind, berauschen sie sich wie¬
der mit weißer und rother Thorheit.

Mon dieu! wenn ich doch so viel Glauben
in mir hätte, daß ich Berge versetzen könnte --
der Johannisberg wäre derjenige Berg, den ich
mir überall nachkommen ließe. Aber da mein
Glaube nicht so stark ist, muß mir die Phan¬
tasie helfen und sie versetzt mich selbst nach dem
schönen Rhein.

O, da ist ein schönes Land, voll Lieblich¬
keit und Sonnenschein. Im blauen Strome
spiegeln sich die Bergesufer mit ihren Burg¬
ruinen und Waldungen und alterthümlichen
Städten -- Dort vor der Hausthür' sitzen
die Bürgersleute des Sommerabends, und trin¬
ken aus großen Kannen, und schwatzen ver¬
traulich: wie der Wein, Gottlob! gedeiht,

raſiren, als bis ſie einen Bart haben, und haben
oft einen Bart, ehe ſie verſtaͤndig ſind, und
wenn ſie verſtaͤndig ſind, berauſchen ſie ſich wie¬
der mit weißer und rother Thorheit.

Mon dieu! wenn ich doch ſo viel Glauben
in mir haͤtte, daß ich Berge verſetzen koͤnnte —
der Johannisberg waͤre derjenige Berg, den ich
mir uͤberall nachkommen ließe. Aber da mein
Glaube nicht ſo ſtark iſt, muß mir die Phan¬
taſie helfen und ſie verſetzt mich ſelbſt nach dem
ſchoͤnen Rhein.

O, da iſt ein ſchoͤnes Land, voll Lieblich¬
keit und Sonnenſchein. Im blauen Strome
ſpiegeln ſich die Bergesufer mit ihren Burg¬
ruinen und Waldungen und alterthuͤmlichen
Staͤdten — Dort vor der Hausthuͤr' ſitzen
die Buͤrgersleute des Sommerabends, und trin¬
ken aus großen Kannen, und ſchwatzen ver¬
traulich: wie der Wein, Gottlob! gedeiht,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0167" n="159"/>
ra&#x017F;iren, als bis &#x017F;ie einen Bart haben, und haben<lb/>
oft einen Bart, ehe &#x017F;ie ver&#x017F;ta&#x0364;ndig &#x017F;ind, und<lb/>
wenn &#x017F;ie ver&#x017F;ta&#x0364;ndig &#x017F;ind, berau&#x017F;chen &#x017F;ie &#x017F;ich wie¬<lb/>
der mit weißer und rother Thorheit.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">Mon dieu!</hi> wenn ich doch &#x017F;o viel Glauben<lb/>
in mir ha&#x0364;tte, daß ich Berge ver&#x017F;etzen ko&#x0364;nnte &#x2014;<lb/>
der Johannisberg wa&#x0364;re derjenige Berg, den ich<lb/>
mir u&#x0364;berall nachkommen ließe. Aber da mein<lb/>
Glaube nicht &#x017F;o &#x017F;tark i&#x017F;t, muß mir die Phan¬<lb/>
ta&#x017F;ie helfen und &#x017F;ie ver&#x017F;etzt mich &#x017F;elb&#x017F;t nach dem<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nen Rhein.</p><lb/>
          <p>O, da i&#x017F;t ein &#x017F;cho&#x0364;nes Land, voll Lieblich¬<lb/>
keit und Sonnen&#x017F;chein. Im blauen Strome<lb/>
&#x017F;piegeln &#x017F;ich die Bergesufer mit ihren Burg¬<lb/>
ruinen und Waldungen und alterthu&#x0364;mlichen<lb/>
Sta&#x0364;dten &#x2014; Dort vor der Hausthu&#x0364;r' &#x017F;itzen<lb/>
die Bu&#x0364;rgersleute des Sommerabends, und trin¬<lb/>
ken aus großen Kannen, und &#x017F;chwatzen ver¬<lb/>
traulich: wie der Wein, Gottlob! gedeiht,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[159/0167] raſiren, als bis ſie einen Bart haben, und haben oft einen Bart, ehe ſie verſtaͤndig ſind, und wenn ſie verſtaͤndig ſind, berauſchen ſie ſich wie¬ der mit weißer und rother Thorheit. Mon dieu! wenn ich doch ſo viel Glauben in mir haͤtte, daß ich Berge verſetzen koͤnnte — der Johannisberg waͤre derjenige Berg, den ich mir uͤberall nachkommen ließe. Aber da mein Glaube nicht ſo ſtark iſt, muß mir die Phan¬ taſie helfen und ſie verſetzt mich ſelbſt nach dem ſchoͤnen Rhein. O, da iſt ein ſchoͤnes Land, voll Lieblich¬ keit und Sonnenſchein. Im blauen Strome ſpiegeln ſich die Bergesufer mit ihren Burg¬ ruinen und Waldungen und alterthuͤmlichen Staͤdten — Dort vor der Hausthuͤr' ſitzen die Buͤrgersleute des Sommerabends, und trin¬ ken aus großen Kannen, und ſchwatzen ver¬ traulich: wie der Wein, Gottlob! gedeiht,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/167
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/167>, abgerufen am 22.11.2024.