Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

wegt nur die Luft, und jedes Wort, das man
darüber spricht, ist wahrhaft in den Wind
geredet.

Unser Oberhaus, die Tragödie, zeigt sich
in höherem Glanze. Ich meine hinsichtlich der
Coulissen, Dekorazionen und Garderoben. Aber
auch hier giebt es ein Ziel. Im Theater der
Römer haben Elephanten auf dem Seile
getanzt und große Sprünge gemacht; weiter
aber konnt' es der Mensch nicht bringen, und
das römische Reich ging unter, und bey dieser
Gelegenheit auch das römische Theater. Auf
unseren Theatern fehlt es in den Tragödien
zwar auch nicht an Tanz und Sprüngen, aber
diese werden hier von den jungen Tragöden
selbst vollbracht; und da es wohl geschah,
daß Frauenzimmer durch große Sprünge plötzlich
zum Manne geworden, so handelt ein weibi¬
sches Poetlein wahrhaft pfiffig, wenn es mit
seinen lahmen Jamben recht große Alexander¬
sprünge versucht.

wegt nur die Luft, und jedes Wort, das man
daruͤber ſpricht, iſt wahrhaft in den Wind
geredet.

Unſer Oberhaus, die Tragoͤdie, zeigt ſich
in hoͤherem Glanze. Ich meine hinſichtlich der
Couliſſen, Dekorazionen und Garderoben. Aber
auch hier giebt es ein Ziel. Im Theater der
Roͤmer haben Elephanten auf dem Seile
getanzt und große Spruͤnge gemacht; weiter
aber konnt' es der Menſch nicht bringen, und
das roͤmiſche Reich ging unter, und bey dieſer
Gelegenheit auch das roͤmiſche Theater. Auf
unſeren Theatern fehlt es in den Tragoͤdien
zwar auch nicht an Tanz und Spruͤngen, aber
dieſe werden hier von den jungen Tragoͤden
ſelbſt vollbracht; und da es wohl geſchah,
daß Frauenzimmer durch große Spruͤnge ploͤtzlich
zum Manne geworden, ſo handelt ein weibi¬
ſches Poetlein wahrhaft pfiffig, wenn es mit
ſeinen lahmen Jamben recht große Alexander¬
ſpruͤnge verſucht.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0125" n="117"/>
wegt nur die Luft, und jedes Wort, das man<lb/>
daru&#x0364;ber &#x017F;pricht, i&#x017F;t wahrhaft in den Wind<lb/>
geredet.</p><lb/>
          <p>Un&#x017F;er Oberhaus, die Trago&#x0364;die, zeigt &#x017F;ich<lb/>
in ho&#x0364;herem Glanze. Ich meine hin&#x017F;ichtlich der<lb/>
Couli&#x017F;&#x017F;en, Dekorazionen und Garderoben. Aber<lb/>
auch hier giebt es ein Ziel. Im Theater der<lb/>
Ro&#x0364;mer haben Elephanten auf dem Seile<lb/>
getanzt und große Spru&#x0364;nge gemacht; weiter<lb/>
aber konnt' es der Men&#x017F;ch nicht bringen, und<lb/>
das ro&#x0364;mi&#x017F;che Reich ging unter, und bey die&#x017F;er<lb/>
Gelegenheit auch das ro&#x0364;mi&#x017F;che Theater. Auf<lb/>
un&#x017F;eren Theatern fehlt es in den Trago&#x0364;dien<lb/>
zwar auch nicht an Tanz und Spru&#x0364;ngen, aber<lb/>
die&#x017F;e werden hier von den jungen Trago&#x0364;den<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t vollbracht; und da es wohl ge&#x017F;chah,<lb/>
daß Frauenzimmer durch große Spru&#x0364;nge plo&#x0364;tzlich<lb/>
zum Manne geworden, &#x017F;o handelt ein weibi¬<lb/>
&#x017F;ches Poetlein wahrhaft pfiffig, wenn es mit<lb/>
&#x017F;einen lahmen Jamben recht große Alexander¬<lb/>
&#x017F;pru&#x0364;nge ver&#x017F;ucht.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0125] wegt nur die Luft, und jedes Wort, das man daruͤber ſpricht, iſt wahrhaft in den Wind geredet. Unſer Oberhaus, die Tragoͤdie, zeigt ſich in hoͤherem Glanze. Ich meine hinſichtlich der Couliſſen, Dekorazionen und Garderoben. Aber auch hier giebt es ein Ziel. Im Theater der Roͤmer haben Elephanten auf dem Seile getanzt und große Spruͤnge gemacht; weiter aber konnt' es der Menſch nicht bringen, und das roͤmiſche Reich ging unter, und bey dieſer Gelegenheit auch das roͤmiſche Theater. Auf unſeren Theatern fehlt es in den Tragoͤdien zwar auch nicht an Tanz und Spruͤngen, aber dieſe werden hier von den jungen Tragoͤden ſelbſt vollbracht; und da es wohl geſchah, daß Frauenzimmer durch große Spruͤnge ploͤtzlich zum Manne geworden, ſo handelt ein weibi¬ ſches Poetlein wahrhaft pfiffig, wenn es mit ſeinen lahmen Jamben recht große Alexander¬ ſpruͤnge verſucht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/125
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 2. Hamburg, 1827, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder02_1827/125>, abgerufen am 24.11.2024.