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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826.

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guter Mann," sagt Cervantes. Aber mein Nach¬
bar von der andern Seite, ein Greifswalder, war
durch jene Aeußerung sehr piquirt; er betheuerte,
daß deutsche Thatkraft und Einfältigkeit noch nicht
erloschen sey, schlug sich dröhnend auf die Brust,
und leerte eine ungeheure Stange Weißbier. Der
Schweizer sagte: "Nu! Nu!" Doch, je beschwich¬
tigender er dieses sagte, desto eifriger ging der
Greifswalder in's Geschirr. Dieser war ein Mann
aus jenen Zeiten, als die Läuse gute Tage hatten
und die Friseure zu hungern fürchteten. Er trug
herabhängend langes Haar, ein ritterliches Barett,
einen schwarzen, altdeutschen Rock, ein schmutziges
Hemd, das zugleich das Amt einer Weste versah,
und darunter ein Medaillon mit einem Haarbüschel
von Blüchers Schimmel. Er sah aus wie ein
Narr in Lebensgröße. Ich mache mir gern einige
Bewegung beym Abendessen, und ließ mich daher
von ihm in einen patriotischen Streit verflechten.
Er war der Meynung, Deutschland müsse in 33
Gauen getheilt werden. Ich hingegen behauptete:

guter Mann,” ſagt Cervantes. Aber mein Nach¬
bar von der andern Seite, ein Greifswalder, war
durch jene Aeußerung ſehr piquirt; er betheuerte,
daß deutſche Thatkraft und Einfaͤltigkeit noch nicht
erloſchen ſey, ſchlug ſich droͤhnend auf die Bruſt,
und leerte eine ungeheure Stange Weißbier. Der
Schweizer ſagte: “Nu! Nu!” Doch, je beſchwich¬
tigender er dieſes ſagte, deſto eifriger ging der
Greifswalder in's Geſchirr. Dieſer war ein Mann
aus jenen Zeiten, als die Laͤuſe gute Tage hatten
und die Friſeure zu hungern fuͤrchteten. Er trug
herabhaͤngend langes Haar, ein ritterliches Barett,
einen ſchwarzen, altdeutſchen Rock, ein ſchmutziges
Hemd, das zugleich das Amt einer Weſte verſah,
und darunter ein Medaillon mit einem Haarbuͤſchel
von Bluͤchers Schimmel. Er ſah aus wie ein
Narr in Lebensgroͤße. Ich mache mir gern einige
Bewegung beym Abendeſſen, und ließ mich daher
von ihm in einen patriotiſchen Streit verflechten.
Er war der Meynung, Deutſchland muͤſſe in 33
Gauen getheilt werden. Ich hingegen behauptete:

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[221/0233] guter Mann,” ſagt Cervantes. Aber mein Nach¬ bar von der andern Seite, ein Greifswalder, war durch jene Aeußerung ſehr piquirt; er betheuerte, daß deutſche Thatkraft und Einfaͤltigkeit noch nicht erloſchen ſey, ſchlug ſich droͤhnend auf die Bruſt, und leerte eine ungeheure Stange Weißbier. Der Schweizer ſagte: “Nu! Nu!” Doch, je beſchwich¬ tigender er dieſes ſagte, deſto eifriger ging der Greifswalder in's Geſchirr. Dieſer war ein Mann aus jenen Zeiten, als die Laͤuſe gute Tage hatten und die Friſeure zu hungern fuͤrchteten. Er trug herabhaͤngend langes Haar, ein ritterliches Barett, einen ſchwarzen, altdeutſchen Rock, ein ſchmutziges Hemd, das zugleich das Amt einer Weſte verſah, und darunter ein Medaillon mit einem Haarbuͤſchel von Bluͤchers Schimmel. Er ſah aus wie ein Narr in Lebensgroͤße. Ich mache mir gern einige Bewegung beym Abendeſſen, und ließ mich daher von ihm in einen patriotiſchen Streit verflechten. Er war der Meynung, Deutſchland muͤſſe in 33 Gauen getheilt werden. Ich hingegen behauptete:

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/233>, abgerufen am 04.12.2024.