Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826.Die Mutter schaut Alles im Traume, Und hat noch mehr geschaut; Sie erwachte aus dem Schlummer, Die Hunde bellten zu laut. Da lag dahingestrecket Ihr Sohn, und der war todt; Es spielt auf den bleichen Wangen Das lichte Morgenroth. Die Mutter faltet die Hände, Ihr war, sie wußte nicht wie; Andächtig sang sie leise: Gelobt sey'st du, Marie! Der Stoff dieses Gedichtes ist nicht ganz mein Die Mutter ſchaut Alles im Traume, Und hat noch mehr geſchaut; Sie erwachte aus dem Schlummer, Die Hunde bellten zu laut. Da lag dahingeſtrecket Ihr Sohn, und der war todt; Es ſpielt auf den bleichen Wangen Das lichte Morgenroth. Die Mutter faltet die Haͤnde, Ihr war, ſie wußte nicht wie; Andaͤchtig ſang ſie leiſe: Gelobt ſey'ſt du, Marie! Der Stoff dieſes Gedichtes iſt nicht ganz mein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="poem" n="2"> <lg> <lg type="poem"> <pb facs="#f0120" n="108"/> <lg n="3"> <l>Die Mutter ſchaut Alles im Traume,</l><lb/> <l>Und hat noch mehr geſchaut;</l><lb/> <l>Sie erwachte aus dem Schlummer,</l><lb/> <l>Die Hunde bellten zu laut.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Da lag dahingeſtrecket</l><lb/> <l>Ihr Sohn, und der war todt;</l><lb/> <l>Es ſpielt auf den bleichen Wangen</l><lb/> <l>Das lichte Morgenroth.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Die Mutter faltet die Haͤnde,</l><lb/> <l>Ihr war, ſie wußte nicht wie;</l><lb/> <l>Andaͤchtig ſang ſie leiſe:</l><lb/> <l>Gelobt ſey'ſt du, Marie!</l><lb/> </lg> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Der Stoff dieſes Gedichtes iſt nicht ganz mein<lb/> Eigenthum. Es entſtand durch Erinnerung an die<lb/> rheiniſche Heimath. — Als ich ein kleiner Knabe<lb/> war, und im Franziſkanerkloſter zu Duͤſſeldorf die<lb/> erſte Dreſſur erhielt, und dort zuerſt Buchſtabiren<lb/> und Stillſitzen lernte, ſaß ich oft neben einem an¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [108/0120]
Die Mutter ſchaut Alles im Traume,
Und hat noch mehr geſchaut;
Sie erwachte aus dem Schlummer,
Die Hunde bellten zu laut.
Da lag dahingeſtrecket
Ihr Sohn, und der war todt;
Es ſpielt auf den bleichen Wangen
Das lichte Morgenroth.
Die Mutter faltet die Haͤnde,
Ihr war, ſie wußte nicht wie;
Andaͤchtig ſang ſie leiſe:
Gelobt ſey'ſt du, Marie!
Der Stoff dieſes Gedichtes iſt nicht ganz mein
Eigenthum. Es entſtand durch Erinnerung an die
rheiniſche Heimath. — Als ich ein kleiner Knabe
war, und im Franziſkanerkloſter zu Duͤſſeldorf die
erſte Dreſſur erhielt, und dort zuerſt Buchſtabiren
und Stillſitzen lernte, ſaß ich oft neben einem an¬
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Zitationshilfe: | Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/120>, abgerufen am 22.07.2024. |