Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827.Derweilen, am flachen Gestade, Ueber den fluthbefeuchteten Sand, Schreitet ein Fremdling, mit einem Herzen, Das wilder noch als Wind und Wellen; Wo es hintritt, Sprühen Funken und knistern die Muscheln, Und er hüllt sich fest in den grauen Mantel, Und schreitet rasch durch die wehende Nacht; Sicher geleitet vom kleinen Lichte, Das lockend und lieblich schimmert Aus einsamer Fischerhütte. Vater und Bruder sind auf der See,
Und mutterseelallein blieb dort In der Hütte die Fischertochter, Die wunderschöne Fischertochter. Am Heerde sitzt sie Und horcht auf des Wasserkessels Ahnungssüßes, heimliches Summen, Und schüttet knisterndes Reisig in's Feuer, Und bläßt hinein, Daß die flackernd rothen Lichter Zauberlieblich wiederstrahlen Auf das blühende Antlitz, Auf die zarte, weiße Schulter, Die rührend hervorlauscht Derweilen, am flachen Geſtade, Ueber den fluthbefeuchteten Sand, Schreitet ein Fremdling, mit einem Herzen, Das wilder noch als Wind und Wellen; Wo es hintritt, Sprühen Funken und kniſtern die Muſcheln, Und er hüllt ſich feſt in den grauen Mantel, Und ſchreitet raſch durch die wehende Nacht; Sicher geleitet vom kleinen Lichte, Das lockend und lieblich ſchimmert Aus einſamer Fiſcherhütte. Vater und Bruder ſind auf der See,
Und mutterſeelallein blieb dort In der Hütte die Fiſchertochter, Die wunderſchöne Fiſchertochter. Am Heerde ſitzt ſie Und horcht auf des Waſſerkeſſels Ahnungsſüßes, heimliches Summen, Und ſchüttet kniſterndes Reiſig in's Feuer, Und bläßt hinein, Daß die flackernd rothen Lichter Zauberlieblich wiederſtrahlen Auf das blühende Antlitz, Auf die zarte, weiße Schulter, Die rührend hervorlauſcht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0325" n="317"/> <lg n="2"> <l>Derweilen, am flachen Geſtade,</l><lb/> <l>Ueber den fluthbefeuchteten Sand,</l><lb/> <l>Schreitet ein Fremdling, mit einem Herzen,</l><lb/> <l>Das wilder noch als Wind und Wellen;</l><lb/> <l>Wo es hintritt,</l><lb/> <l>Sprühen Funken und kniſtern die Muſcheln,</l><lb/> <l>Und er hüllt ſich feſt in den grauen Mantel,</l><lb/> <l>Und ſchreitet raſch durch die wehende Nacht;</l><lb/> <l>Sicher geleitet vom kleinen Lichte,</l><lb/> <l>Das lockend und lieblich ſchimmert</l><lb/> <l>Aus einſamer Fiſcherhütte.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Vater und Bruder ſind auf der See,</l><lb/> <l>Und mutterſeelallein blieb dort</l><lb/> <l>In der Hütte die Fiſchertochter,</l><lb/> <l>Die wunderſchöne Fiſchertochter.</l><lb/> <l>Am Heerde ſitzt ſie</l><lb/> <l>Und horcht auf des Waſſerkeſſels</l><lb/> <l>Ahnungsſüßes, heimliches Summen,</l><lb/> <l>Und ſchüttet kniſterndes Reiſig in's Feuer,</l><lb/> <l>Und bläßt hinein,</l><lb/> <l>Daß die flackernd rothen Lichter</l><lb/> <l>Zauberlieblich wiederſtrahlen</l><lb/> <l>Auf das blühende Antlitz,</l><lb/> <l>Auf die zarte, weiße Schulter,</l><lb/> <l>Die rührend hervorlauſcht</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [317/0325]
Derweilen, am flachen Geſtade,
Ueber den fluthbefeuchteten Sand,
Schreitet ein Fremdling, mit einem Herzen,
Das wilder noch als Wind und Wellen;
Wo es hintritt,
Sprühen Funken und kniſtern die Muſcheln,
Und er hüllt ſich feſt in den grauen Mantel,
Und ſchreitet raſch durch die wehende Nacht;
Sicher geleitet vom kleinen Lichte,
Das lockend und lieblich ſchimmert
Aus einſamer Fiſcherhütte.
Vater und Bruder ſind auf der See,
Und mutterſeelallein blieb dort
In der Hütte die Fiſchertochter,
Die wunderſchöne Fiſchertochter.
Am Heerde ſitzt ſie
Und horcht auf des Waſſerkeſſels
Ahnungsſüßes, heimliches Summen,
Und ſchüttet kniſterndes Reiſig in's Feuer,
Und bläßt hinein,
Daß die flackernd rothen Lichter
Zauberlieblich wiederſtrahlen
Auf das blühende Antlitz,
Auf die zarte, weiße Schulter,
Die rührend hervorlauſcht
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