Seyns für anderes ausmacht, und itzt die Pflicht an ihr unmittelbar wirkliches, nicht mehr bloss das abstrac- te reine Bewusstseyn ist.
Diss Seyn für anderes ist also die ansichseyende vom Selbst unterschiedne Substanz. Das Gewissen hat die reine Pflicht oder das abstracte Ansich nicht aufgege- ben, sondern sie ist das wesentliche Moment, als All- gemeinheit sich zu andern zu verhalten. Es ist das ge- meinschaftliche Element der Selbstbewusstseyn, und dieses die Substanz, worin die That Bestehen und Wirk- lichkeit hat; das Moment des Anerkanntwerdens von den andern. Das moralische Selbstbewusstseyn hat diss Moment des Anerkanntseyns, des reinen Bewusstseyns, welches da ist, nicht; und ist dadurch überhaupt nicht handelndes, nicht verwirklichendes. Sein Ansich ist ihm entweder das abstracte unwirkliche Wesen, oder das Seyn als eine Wirklichkeit, welche nicht geistig ist. Die seyende Wirklichkeit des Gewissens aber ist eine sol- che, welche Selbst ist, d. h. das seiner bewusste Da- seyn, das geistige Element des Anerkanntwerdens. Das Thun ist daher nur das Uebersetzen seines einzel- nen Inhalts in das gegenständliche Element, worin er allgemein und anerkannt ist, und eben diss, dass er anerkanrt ist, macht die Handlung zur Wirklichkeit. Anerkannt und dadurch wirklich ist die Handlung' weil die daseyende Wirklichkeit unmittelbar mit der Ueberzeugung oder dem Wissen verknüpft, oder das Wissen von seinem Zwecke unmittelbar das Element des Daseyns, das allgemeine Anerkennen ist. Denn
Seyns für anderes ausmacht, und itzt die Pflicht an ihr unmittelbar wirkliches, nicht mehr bloſs das abſtrac- te reine Bewuſstseyn iſt.
Diſs Seyn für anderes ist also die anſichseyende vom Selbſt unterschiedne Subſtanz. Das Gewiſſen hat die reine Pflicht oder das abſtracte Anſich nicht aufgege- ben, sondern sie ist das wesentliche Moment, als All- gemeinheit sich zu andern zu verhalten. Es ist das ge- meinschaftliche Element der Selbstbewuſstseyn, und dieses die Subſtanz, worin die That Beſtehen und Wirk- lichkeit hat; das Moment des Anerkanntwerdens von den andern. Das moralische Selbſtbewuſstseyn hat diſs Moment des Anerkanntseyns, des reinen Bewuſstſeyns, welches da iſt, nicht; und ist dadurch überhaupt nicht handelndes, nicht verwirklichendes. Sein Anſich ist ihm entweder das abſtracte unwirkliche Wesen, oder das Seyn als eine Wirklichkeit, welche nicht geiſtig iſt. Die seyende Wirklichkeit des Gewiſsens aber ist eine sol- che, welche Selbſt iſt, d. h. das seiner bewuſste Da- seyn, das geiſtige Element des Anerkanntwerdens. Das Thun ist daher nur das Uebersetzen seines einzel- nen Inhalts in das gegenſtändliche Element, worin er allgemein und anerkannt ist, und eben diſs, daſs er anerkanrt ist, macht die Handlung zur Wirklichkeit. Anerkannt und dadurch wirklich ist die Handlung’ weil die daseyende Wirklichkeit unmittelbar mit der Ueberzeugung oder dem Wiſſen verknüpft, oder das Wiſſen von seinem Zwecke unmittelbar das Element des Daseyns, das allgemeine Anerkennen iſt. Denn
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Seyns für anderes ausmacht, und itzt die Pflicht an
ihr unmittelbar wirkliches, nicht mehr bloſs das abſtrac-
te reine Bewuſstseyn iſt.
Diſs Seyn für anderes ist also die anſichseyende vom
Selbſt unterschiedne Subſtanz. Das Gewiſſen hat die
reine Pflicht oder das abſtracte Anſich nicht aufgege-
ben, sondern sie ist das wesentliche Moment, als All-
gemeinheit sich zu andern zu verhalten. Es ist das ge-
meinschaftliche Element der Selbstbewuſstseyn, und
dieses die Subſtanz, worin die That Beſtehen und Wirk-
lichkeit hat; das Moment des Anerkanntwerdens von den
andern. Das moralische Selbſtbewuſstseyn hat diſs
Moment des Anerkanntseyns, des reinen Bewuſstſeyns,
welches da iſt, nicht; und ist dadurch überhaupt nicht
handelndes, nicht verwirklichendes. Sein Anſich ist
ihm entweder das abſtracte unwirkliche Wesen, oder
das Seyn als eine Wirklichkeit, welche nicht geiſtig iſt.
Die seyende Wirklichkeit des Gewiſsens aber ist eine sol-
che, welche Selbſt iſt, d. h. das seiner bewuſste Da-
seyn, das geiſtige Element des Anerkanntwerdens.
Das Thun ist daher nur das Uebersetzen seines einzel-
nen Inhalts in das gegenſtändliche Element, worin er
allgemein und anerkannt ist, und eben diſs, daſs er
anerkanrt ist, macht die Handlung zur Wirklichkeit.
Anerkannt und dadurch wirklich ist die Handlung’
weil die daseyende Wirklichkeit unmittelbar mit der
Ueberzeugung oder dem Wiſſen verknüpft, oder das
Wiſſen von seinem Zwecke unmittelbar das Element
des Daseyns, das allgemeine Anerkennen iſt. Denn
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 589. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/698>, abgerufen am 22.11.2024.
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