Wesen. -- Die Aufklärung aber, welche es dar- an erinnert, denkt wieder nur an das zufällige Wis- sen, und vergisst das andere, -- denkt nur an die Vermittlung, welche durch ein fremdes Drittes ge- schieht, nicht an die, worin das Unmittelbare sich selbst das Dritte ist, wodurch es sich mit dem An- dern, nemlich mit sich selbst, vermittelt.
Endlich findet sie in ihrer Ansicht des Thuns des Glaubens das Wegwerfen des Genusses und der Habe unrecht und unzweckmässig. -- Was das Un- recht betrifft, so erhält sie die Uebereinstimmung des glaubenden Bewusstseyns darin, dass dieses selbst die- se Wirklichkeit anerkennt, Eigenthum zu besitzen, festzuhalten, und zu geniessen; es beträgt sich in der Behauptung des Eigenthums um so isolirter und hart- nackiger, so wie in seinem Genusse um so roher dahingegeben, da jenseits dieser Wirklichkeit sein religiöses -- Besitz und Genuss aufgebendes -- Thun fällt und ihm die Freyheit für jene Seite erkaufft. Dieser Dienst der Aufopferung des natürlichen Trei- bens und Geniessens hat durch diesen Gegensatz in der That keine Wahrheit; die Beybehaltung hat ne- ben der Aufopferung statt; diese ist nur ein Zeichen, das die wirkliche Aufopferung nur an einem klei- nen Theile vollbringt, und sie daher in der That nur vorstellt.
In Ansehung der Zweckmässigkeit findet die Auf- klärung das Wegwerfen einer Habe, um von der Habe, die Versagung eines Genusses, um von dem
Weſen. — Die Aufklärung aber, welche es dar- an erinnert, denkt wieder nur an das zufällige Wis- sen, und vergiſst das andere, — denkt nur an die Vermittlung, welche durch ein fremdes Drittes ge- ſchieht, nicht an die, worin das Unmittelbare sich selbſt das Dritte ist, wodurch es sich mit dem An- dern, nemlich mit sich ſelbſt, vermittelt.
Endlich findet sie in ihrer Ansicht des Thuns des Glaubens das Wegwerfen des Genuſſes und der Habe unrecht und unzweckmäſsig. — Was das Un- recht betrifft, ſo erhält sie die Uebereinſtimmung des glaubenden Bewuſstseyns darin, daſs dieſes ſelbſt die- ſe Wirklichkeit anerkennt, Eigenthum zu besitzen, feſtzuhalten, und zu genieſsen; es beträgt sich in der Behauptung des Eigenthums um so isolirter und hart- nackiger, so wie in seinem Genuſse um ſo roher dahingegeben, da jenseits dieſer Wirklichkeit sein religiöſes — Besitz und Genuſs aufgebendes — Thun fällt und ihm die Freyheit für jene Seite erkaufft. Dieſer Dienſt der Aufopferung des natürlichen Trei- bens und Genieſſens hat durch dieſen Gegenſatz in der That keine Wahrheit; die Beybehaltung hat ne- ben der Aufopferung ſtatt; dieſe ist nur ein Zeichen, das die wirkliche Aufopferung nur an einem klei- nen Theile vollbringt, und sie daher in der That nur vorſtellt.
In Ansehung der Zweckmäſsigkeit findet die Auf- klärung das Wegwerfen einer Habe, um von der Habe, die Verſagung eines Genuſſes, um von dem
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Weſen. — Die Aufklärung aber, welche es dar-
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sen, und vergiſst das andere, — denkt nur an die
Vermittlung, welche durch ein fremdes Drittes ge-
ſchieht, nicht an die, worin das Unmittelbare sich
selbſt das Dritte ist, wodurch es sich mit dem An-
dern, nemlich mit sich ſelbſt, vermittelt.
Endlich findet sie in ihrer Ansicht des Thuns
des Glaubens das Wegwerfen des Genuſſes und der
Habe unrecht und unzweckmäſsig. — Was das Un-
recht betrifft, ſo erhält sie die Uebereinſtimmung des
glaubenden Bewuſstseyns darin, daſs dieſes ſelbſt die-
ſe Wirklichkeit anerkennt, Eigenthum zu besitzen,
feſtzuhalten, und zu genieſsen; es beträgt sich in der
Behauptung des Eigenthums um so isolirter und hart-
nackiger, so wie in seinem Genuſse um ſo roher
dahingegeben, da jenseits dieſer Wirklichkeit sein
religiöſes — Besitz und Genuſs aufgebendes — Thun
fällt und ihm die Freyheit für jene Seite erkaufft.
Dieſer Dienſt der Aufopferung des natürlichen Trei-
bens und Genieſſens hat durch dieſen Gegenſatz in
der That keine Wahrheit; die Beybehaltung hat ne-
ben der Aufopferung ſtatt; dieſe ist nur ein Zeichen,
das die wirkliche Aufopferung nur an einem klei-
nen Theile vollbringt, und sie daher in der That
nur vorſtellt.
In Ansehung der Zweckmäſsigkeit findet die Auf-
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 518. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/627>, abgerufen am 22.11.2024.
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