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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

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dung oder wenigstens Bestättigung seines Inhaltes, von
der die Aufklärung spricht, sich geben will, und ernst-
haft meynt und thut, als ob es darauf ankäme, so hat
er sich schon von der Aufklärung verführen lassen; und
seine Bemühungen sich auf solche Weise zu begrün-
den oder zu befestigen, sind nur Zeugnisse, die er von
seiner Ansteckung gibt.

Noch ist die dritte Seite übrig, die Beziehung des Bewusst-
seyns auf das absolute Wesen
, als ein Thun. Diss Thun
ist das Aufheben der Besonderheit des Individuums oder
der natürlichen Weise seines fürsichseyns, woraus ihm
die Gewissheit hervorgeht, reines Selbstbewusstseyn,
nach seinem Thun d. h. als fürsichseyendes einzelnes
Bewusstseyn eins mit dem Wesen zu seyn. -- Indem
an dem Thun Zweckmässigkeit und Zweck sich unter-
scheidet, und die reine Einsicht ebenso in Beziehung
auf dieses Thun sich negativ verhält, und wie in den
andern Momenten sich selbst verleugnet, so muss sie in
Ansehung der Zweckmässigkeit als Unverstand sich dar-
stellen, indem die Einsicht mit der Absicht verbunden,
Uebereinstimmung des Zwecks und des Mittels, ihr
als Anderes, vielmehr als das Gegentheil erscheint,
-- in Ansehung des Zwecks aber das Schlechte, Genuss
und Besitz zum Zwecke machen, und sich hiemit als
die unreinste Absicht beweisen, indem die reine Ab-
sicht ebenso, als Andres, unreine Absicht ist.

Hienach sehen wir in Anfehung der Zweckmäs-
sigkeit
die Aufklärung es thörigt finden, wenn das glau-
bende Individuum sich das höhere Bewusstseyn, nicht

dung oder wenigſtens Beſtättigung ſeines Inhaltes, von
der die Aufklärung ſpricht, ſich geben will, und ernſt-
haft meynt und thut, als ob es darauf ankäme, ſo hat
er ſich ſchon von der Aufklärung verführen laſſen; und
ſeine Bemühungen ſich auf ſolche Weiſe zu begrün-
den oder zu befeſtigen, ſind nur Zeugniſſe, die er von
ſeiner Anſteckung gibt.

Noch iſt die dritte Seite übrig, die Beziehung des Bewuſst-
ſeyns auf das abſolute Weſen
, als ein Thun. Diſs Thun
iſt das Aufheben der Beſonderheit des Individuums oder
der natürlichen Weiſe ſeines fürſichſeyns, woraus ihm
die Gewiſsheit hervorgeht, reines Selbſtbewuſstſeyn,
nach ſeinem Thun d. h. als fürſichſeyendes einzelnes
Bewuſstſeyn eins mit dem Weſen zu ſeyn. — Indem
an dem Thun Zweckmäſſigkeit und Zweck ſich unter-
ſcheidet, und die reine Einſicht ebenſo in Beziehung
auf dieſes Thun ſich negativ verhält, und wie in den
andern Momenten ſich ſelbſt verleugnet, ſo muſs ſie in
Anſehung der Zweckmäſſigkeit als Unverſtand ſich dar-
ſtellen, indem die Einſicht mit der Abſicht verbunden,
Uebereinſtimmung des Zwecks und des Mittels, ihr
als Anderes, vielmehr als das Gegentheil erſcheint,
— in Anſehung des Zwecks aber das Schlechte, Genuſs
und Beſitz zum Zwecke machen, und ſich hiemit als
die unreinſte Abſicht beweiſen, indem die reine Ab-
ſicht ebenſo, als Andres, unreine Abſicht iſt.

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ſigkeit
die Aufklärung es thörigt finden, wenn das glau-
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[504/0613] dung oder wenigſtens Beſtättigung ſeines Inhaltes, von der die Aufklärung ſpricht, ſich geben will, und ernſt- haft meynt und thut, als ob es darauf ankäme, ſo hat er ſich ſchon von der Aufklärung verführen laſſen; und ſeine Bemühungen ſich auf ſolche Weiſe zu begrün- den oder zu befeſtigen, ſind nur Zeugniſſe, die er von ſeiner Anſteckung gibt. Noch iſt die dritte Seite übrig, die Beziehung des Bewuſst- ſeyns auf das abſolute Weſen, als ein Thun. Diſs Thun iſt das Aufheben der Beſonderheit des Individuums oder der natürlichen Weiſe ſeines fürſichſeyns, woraus ihm die Gewiſsheit hervorgeht, reines Selbſtbewuſstſeyn, nach ſeinem Thun d. h. als fürſichſeyendes einzelnes Bewuſstſeyn eins mit dem Weſen zu ſeyn. — Indem an dem Thun Zweckmäſſigkeit und Zweck ſich unter- ſcheidet, und die reine Einſicht ebenſo in Beziehung auf dieſes Thun ſich negativ verhält, und wie in den andern Momenten ſich ſelbſt verleugnet, ſo muſs ſie in Anſehung der Zweckmäſſigkeit als Unverſtand ſich dar- ſtellen, indem die Einſicht mit der Abſicht verbunden, Uebereinſtimmung des Zwecks und des Mittels, ihr als Anderes, vielmehr als das Gegentheil erſcheint, — in Anſehung des Zwecks aber das Schlechte, Genuſs und Beſitz zum Zwecke machen, und ſich hiemit als die unreinſte Abſicht beweiſen, indem die reine Ab- ſicht ebenſo, als Andres, unreine Abſicht iſt. Hienach ſehen wir in Anfehung der Zweckmäſ- ſigkeit die Aufklärung es thörigt finden, wenn das glau- bende Individuum ſich das höhere Bewuſstſeyn, nicht

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/613>, abgerufen am 10.06.2024.