frey machen; denn es ist ihm das nicht aufzuge- bende Wesen.
Was endlich den Hinterhalt betrifft, aus wel- chem das gute Ansich dem Weltlauffe listigerweise in den Rücken fallen soll, so ist diese Hoffnung an sich nichtig. Der Weltlauff ist das wache sei- ner selbst gewisse Bewusstseyn, das nicht von hin- ten an sich kommen lässt, sondern allenthalben die Stirne bietet; denn er ist dieses, dass alles für ihn ist, dass alles vor ihm steht. Das gute Ansich aber, ist es für seinen Feind, so ist es in dem Kampfe, den wir gesehen haben; insofern es aber nicht für ihn, sondern ansich ist, ist es das passive Werkzeug der Gaben und Fähigkeiten, die wirklichkeitslose Mate- rie; als Daseyn vorgestellt, wäre es ein schlafendes und dahinten, man weiss nicht wo, bleibendes Be- wusstseyn.
Die Tugend wird also von dem Weltlauffe be- siegt, weil das abstracte, unwirkliche Wesen in der That ihr Zweck ist, und weil in Ansehung der Wirklichkeit ihr Thun auf Unterschieden beruht, die allein in den Worten liegen. Sie wollte darin be- stehen, durch Aufopferung der Individualität das Gute zur Wirklichkeit zu bringen, aber die Seite der Wirk- lichkeit ist selbst nichts anders, als die Seite der Indi- vidualität. Das Gute sollte dasjenige seyn, was an sich, und dem, was ist, entgegengesetzt ist, a[ber] das Ansich ist, nach seiner Realität und Wahrheit ge- nommen, vielmehr das Seyn selbst. Das Ansich ist
frey machen; denn es ist ihm das nicht aufzuge- bende Wesen.
Was endlich den Hinterhalt betrifft, aus wel- chem das gute Ansich dem Weltlauffe listigerweise in den Rücken fallen soll, so ist diese Hoffnung an sich nichtig. Der Weltlauff ist das wache sei- ner selbst gewisse Bewuſstseyn, das nicht von hin- ten an sich kommen läſst, sondern allenthalben die Stirne bietet; denn er ist dieses, daſs alles für ihn ist, daſs alles vor ihm steht. Das gute Ansich aber, ist es für seinen Feind, so ist es in dem Kampfe, den wir gesehen haben; insofern es aber nicht für ihn, sondern ansich ist, ist es das passive Werkzeug der Gaben und Fähigkeiten, die wirklichkeitslose Mate- rie; als Daseyn vorgestellt, wäre es ein schlafendes und dahinten, man weiſs nicht wo, bleibendes Be- wuſstseyn.
Die Tugend wird also von dem Weltlauffe be- siegt, weil das abstracte, unwirkliche Wesen in der That ihr Zweck ist, und weil in Ansehung der Wirklichkeit ihr Thun auf Unterschieden beruht, die allein in den Worten liegen. Sie wollte darin be- stehen, durch Aufopferung der Individualität das Gute zur Wirklichkeit zu bringen, aber die Seite der Wirk- lichkeit ist selbst nichts anders, als die Seite der Indi- vidualität. Das Gute sollte dasjenige seyn, was an sich, und dem, was ist, entgegengesetzt ist, a[ber] das Ansich ist, nach seiner Realität und Wahrheit ge- nommen, vielmehr das Seyn selbst. Das Ansich ist
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0434"n="325"/>
frey machen; denn es ist ihm das nicht aufzuge-<lb/>
bende Wesen.</p><lb/><p>Was endlich den Hinterhalt betrifft, aus wel-<lb/>
chem das <hirendition="#i">gute Ansich</hi> dem Weltlauffe listigerweise in<lb/>
den Rücken fallen soll, so ist diese Hoffnung an<lb/>
sich nichtig. Der Weltlauff ist das wache sei-<lb/>
ner selbst gewisse Bewuſstseyn, das nicht von hin-<lb/>
ten an sich kommen läſst, sondern allenthalben die<lb/>
Stirne bietet; denn er ist dieses, daſs alles <hirendition="#i">für ihn</hi><lb/>
ist, daſs alles <hirendition="#i">vor ihm</hi> steht. Das gute <hirendition="#i">Ansich</hi> aber,<lb/>
ist es <hirendition="#i">für</hi> seinen Feind, so ist es in dem Kampfe, den<lb/>
wir gesehen haben; insofern es aber nicht <hirendition="#i">für ihn</hi>,<lb/>
sondern <hirendition="#i">ansich</hi> ist, ist es das passive Werkzeug der<lb/>
Gaben und Fähigkeiten, die wirklichkeitslose Mate-<lb/>
rie; als Daseyn vorgestellt, wäre es ein schlafendes<lb/>
und dahinten, man weiſs nicht wo, bleibendes Be-<lb/>
wuſstseyn.</p><lb/><p>Die Tugend wird also von dem Weltlauffe be-<lb/>
siegt, weil das abstracte, unwirkliche <hirendition="#i">Wesen</hi> in der<lb/>
That ihr Zweck ist, und weil in Ansehung der<lb/>
Wirklichkeit ihr Thun auf <hirendition="#i">Unterschieden</hi> beruht, die<lb/>
allein in den <hirendition="#i">Worten</hi> liegen. Sie wollte darin be-<lb/>
stehen, durch <hirendition="#i">Aufopferung der Individualität</hi> das Gute<lb/>
zur <hirendition="#i">Wirklichkeit</hi> zu bringen, aber die Seite der <hirendition="#i">Wirk-<lb/>
lichkeit</hi> ist selbst nichts anders, als die Seite der <hirendition="#i">Indi-<lb/>
vidualität</hi>. Das Gute sollte dasjenige seyn, was <hirendition="#i">an<lb/>
sich</hi>, und dem, was <hirendition="#i">ist</hi>, entgegengesetzt ist, a<supplied>ber</supplied> das<lb/><hirendition="#i">Ansich</hi> ist, nach seiner Realität und Wahrheit ge-<lb/>
nommen, vielmehr das <hirendition="#i">Seyn selbst</hi>. Das <hirendition="#i">Ansich</hi> ist<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[325/0434]
frey machen; denn es ist ihm das nicht aufzuge-
bende Wesen.
Was endlich den Hinterhalt betrifft, aus wel-
chem das gute Ansich dem Weltlauffe listigerweise in
den Rücken fallen soll, so ist diese Hoffnung an
sich nichtig. Der Weltlauff ist das wache sei-
ner selbst gewisse Bewuſstseyn, das nicht von hin-
ten an sich kommen läſst, sondern allenthalben die
Stirne bietet; denn er ist dieses, daſs alles für ihn
ist, daſs alles vor ihm steht. Das gute Ansich aber,
ist es für seinen Feind, so ist es in dem Kampfe, den
wir gesehen haben; insofern es aber nicht für ihn,
sondern ansich ist, ist es das passive Werkzeug der
Gaben und Fähigkeiten, die wirklichkeitslose Mate-
rie; als Daseyn vorgestellt, wäre es ein schlafendes
und dahinten, man weiſs nicht wo, bleibendes Be-
wuſstseyn.
Die Tugend wird also von dem Weltlauffe be-
siegt, weil das abstracte, unwirkliche Wesen in der
That ihr Zweck ist, und weil in Ansehung der
Wirklichkeit ihr Thun auf Unterschieden beruht, die
allein in den Worten liegen. Sie wollte darin be-
stehen, durch Aufopferung der Individualität das Gute
zur Wirklichkeit zu bringen, aber die Seite der Wirk-
lichkeit ist selbst nichts anders, als die Seite der Indi-
vidualität. Das Gute sollte dasjenige seyn, was an
sich, und dem, was ist, entgegengesetzt ist, aber das
Ansich ist, nach seiner Realität und Wahrheit ge-
nommen, vielmehr das Seyn selbst. Das Ansich ist
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/434>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.