welches der Begierde im Bewusstseyn des Herrn entspricht, schien dem dienenden Bewusstseyn zwar die Seite der unwesentlichen Beziehung auf das Ding zugefallen zu seyn, indem das Ding darin seine Selbst- ständigkeit behält. Die Begierde hat sich das reine Negiren des Gegenstandes, und dadurch das un- vermischte Selbstgefühl vorbehalten. Diese Befrie- digung ist aber desswegen selbst nur ein Verschwin- den, denn es fehlt ihr die gegenständliche Seite oder das Bestehen. Die Arbeit hingegen ist gehemmte Be- gierde, aufgehaltenes Verschwinden, oder sie bildet. Die negative Beziehung auf den Gegenstand wird zur Form desselben, und zu einem bleibenden; weil eben dem arbeitenden der Gegenstand Selbstständigkeit hat. Diese negative Mitte oder das formirende Thun, ist zugleich die Einzelnheit oder das reine Fürsichseyn des Bewusstseyns, welches nun in der Arbeit ausser es in das Element des Bleibens tritt; das arbeitende Bewusstseyn kommt also hiedurch zur Anschauung des selbstständigen Seyns, als seiner selbst.
Das Formiren hat aber nicht nur diese positive Bedeutung, dass das dienende Bewusstseyn sich darin als reines Fürsichseyn zum Seyenden wird; sondern auch die negative, gegen sein erstes Moment, die Furcht. Denn in dem Bilden des Dinges wird ihm die eigne Negativität, sein Fürsichseyn, nur dadurch zum Gegenstande, dass es die entgegengesetzte seyende Form aufhebt. Aber diss gegenständliche Negative ist gerade das fremde Wesen, vor welchem es ge-
welches der Begierde im Bewuſstseyn des Herrn entspricht, schien dem dienenden Bewuſstseyn zwar die Seite der unwesentlichen Beziehung auf das Ding zugefallen zu seyn, indem das Ding darin seine Selbst- ständigkeit behält. Die Begierde hat sich das reine Negiren des Gegenstandes, und dadurch das un- vermischte Selbstgefühl vorbehalten. Diese Befrie- digung ist aber deſswegen selbst nur ein Verschwin- den, denn es fehlt ihr die gegenständliche Seite oder das Bestehen. Die Arbeit hingegen ist gehemmte Be- gierde, aufgehaltenes Verschwinden, oder sie bildet. Die negative Beziehung auf den Gegenstand wird zur Form desselben, und zu einem bleibenden; weil eben dem arbeitenden der Gegenstand Selbstständigkeit hat. Diese negative Mitte oder das formirende Thun, ist zugleich die Einzelnheit oder das reine Fürsichseyn des Bewuſstseyns, welches nun in der Arbeit auſser es in das Element des Bleibens tritt; das arbeitende Bewuſstseyn kommt also hiedurch zur Anschauung des selbstständigen Seyns, als seiner selbst.
Das Formiren hat aber nicht nur diese positive Bedeutung, daſs das dienende Bewuſstseyn sich darin als reines Fürsichseyn zum Seyenden wird; sondern auch die negative, gegen sein erstes Moment, die Furcht. Denn in dem Bilden des Dinges wird ihm die eigne Negativität, sein Fürsichseyn, nur dadurch zum Gegenstande, daſs es die entgegengesetzte seyende Form aufhebt. Aber diſs gegenständliche Negative ist gerade das fremde Wesen, vor welchem es ge-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0235"n="126"/>
welches der Begierde im Bewuſstseyn des Herrn<lb/>
entspricht, schien dem dienenden Bewuſstseyn zwar<lb/>
die Seite der unwesentlichen Beziehung auf das Ding<lb/>
zugefallen zu seyn, indem das Ding darin seine Selbst-<lb/>
ständigkeit behält. Die Begierde hat sich das reine<lb/>
Negiren des Gegenstandes, und dadurch das un-<lb/>
vermischte Selbstgefühl vorbehalten. Diese Befrie-<lb/>
digung ist aber deſswegen selbst nur ein Verschwin-<lb/>
den, denn es fehlt ihr die <hirendition="#i">gegenständliche</hi> Seite oder<lb/>
das <hirendition="#i">Bestehen</hi>. Die Arbeit hingegen ist <hirendition="#i">gehemmte</hi> Be-<lb/>
gierde, <hirendition="#i">aufgehaltenes</hi> Verschwinden, oder sie <hirendition="#i">bildet</hi>.<lb/>
Die negative Beziehung auf den Gegenstand wird zur<lb/><hirendition="#i">Form</hi> desselben, und zu einem <hirendition="#i">bleibenden;</hi> weil eben<lb/>
dem arbeitenden der Gegenstand Selbstständigkeit<lb/>
hat. Diese <hirendition="#i">negative</hi> Mitte oder das formirende <hirendition="#i">Thun</hi>,<lb/>
ist zugleich <hirendition="#i">die Einzelnheit</hi> oder das reine Fürsichseyn<lb/>
des Bewuſstseyns, welches nun in der Arbeit auſser<lb/>
es in das Element des Bleibens tritt; das arbeitende<lb/>
Bewuſstseyn kommt also hiedurch zur Anschauung<lb/>
des selbstständigen Seyns, <hirendition="#i">als seiner selbst</hi>.</p><lb/><p>Das Formiren hat aber nicht nur diese positive<lb/>
Bedeutung, daſs das dienende Bewuſstseyn sich darin<lb/>
als reines <hirendition="#i">Fürsichseyn</hi> zum <hirendition="#i">Seyenden</hi> wird; sondern<lb/>
auch die negative, gegen sein erstes Moment, die<lb/>
Furcht. Denn in dem Bilden des Dinges wird ihm<lb/>
die eigne Negativität, sein Fürsichseyn, nur dadurch<lb/>
zum Gegenstande, daſs es die entgegengesetzte seyende<lb/><hirendition="#i">Form</hi> aufhebt. Aber diſs gegenständliche <hirendition="#i">Negative</hi><lb/>
ist gerade das fremde Wesen, vor welchem es ge-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[126/0235]
welches der Begierde im Bewuſstseyn des Herrn
entspricht, schien dem dienenden Bewuſstseyn zwar
die Seite der unwesentlichen Beziehung auf das Ding
zugefallen zu seyn, indem das Ding darin seine Selbst-
ständigkeit behält. Die Begierde hat sich das reine
Negiren des Gegenstandes, und dadurch das un-
vermischte Selbstgefühl vorbehalten. Diese Befrie-
digung ist aber deſswegen selbst nur ein Verschwin-
den, denn es fehlt ihr die gegenständliche Seite oder
das Bestehen. Die Arbeit hingegen ist gehemmte Be-
gierde, aufgehaltenes Verschwinden, oder sie bildet.
Die negative Beziehung auf den Gegenstand wird zur
Form desselben, und zu einem bleibenden; weil eben
dem arbeitenden der Gegenstand Selbstständigkeit
hat. Diese negative Mitte oder das formirende Thun,
ist zugleich die Einzelnheit oder das reine Fürsichseyn
des Bewuſstseyns, welches nun in der Arbeit auſser
es in das Element des Bleibens tritt; das arbeitende
Bewuſstseyn kommt also hiedurch zur Anschauung
des selbstständigen Seyns, als seiner selbst.
Das Formiren hat aber nicht nur diese positive
Bedeutung, daſs das dienende Bewuſstseyn sich darin
als reines Fürsichseyn zum Seyenden wird; sondern
auch die negative, gegen sein erstes Moment, die
Furcht. Denn in dem Bilden des Dinges wird ihm
die eigne Negativität, sein Fürsichseyn, nur dadurch
zum Gegenstande, daſs es die entgegengesetzte seyende
Form aufhebt. Aber diſs gegenständliche Negative
ist gerade das fremde Wesen, vor welchem es ge-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/235>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.